Die Verantwortlichen bei der Federal Reserve haben einen wichtigen Verbündeten gewonnen, um die Menschen davon zu überzeugen, dass die derzeit grassierende Inflation nur temporär ist – die Mainstream-Medien vertreten jetzt größtenteils ebenfalls diese Ansicht.
Die Finanzjournalisten haben versierte Analysten gefunden, die die Ansicht der Fed bestätigen, dass der Preisdruck auf vorübergehende Probleme in der Lieferkette zurückzuführen und nicht strukturell bedingt ist. Allerdings sind Marktindikatoren, die eine mäßige Inflation in fünf und zehn Jahren anzeigen, offen für Interpretationen. Das ist das Schöne am Markt - Millionen von Anlegern beteiligen sich mit ihren Wetten, aber nur wenige sprechen darüber.
Eine alternative Interpretation ist, dass eine grassierende, anhaltende Inflation die Fed und andere Zentralbanken zur Straffung der Geldpolitik zwingen wird, unter anderem auch durch eine Anhebung der Leitzinsen. Und wieder eine andere Auslegung besagt, dass eine wiederauflebende Pandemie das Wachstum dämpfen und die Wirtschaft abkühlen wird, vielleicht sogar bis hin zu einer Rezession. Unterdessen sorgen sich die Monetaristen um die stark wachsende Geldmenge und das damit einhergehende Inflationsrisiko.
Eine Umfrage unter Experten der Business School der University of Chicago im vergangenen Monat ergab, dass 33% der Meinung sind, dass die derzeitige Geld- und Finanzpolitik das Risiko dauerhaft höherer Inflationsraten birgt. 30% der Befragten waren jedoch anderer Meinung, während 36% unsicher waren.
Die Meinungen darüber gehen auseinander.
Der ehemalige Finanzminister und Harvard-Ökonom Larry Summers ist eine Art virtuelle Kassandra zu diesem Thema. Er begründet den Anstieg der Staatsanleihen, der die Renditen gedrückt hat, mit technischen Faktoren und sagt außerdem, dass die Märkte bei der Vorhersage der Inflation ohnehin eine miserable Bilanz aufweisen.
Steven Rattner, ebenfalls ein ehemaliger Berater der Demokraten, hat sich in dieser Frage auf die Seite von Summer geschlagen. In einem Meinungsbeitrag für die New York Times äußerte Rattner Zweifel an den Breakevens von 2,4% für die nächsten 10 Jahre auf dem Anleihemarkt. "Ich bin mir da nicht so sicher", sagte er und warnte, dass eine hohe Inflation, selbst wenn sie nicht wie vor vier Jahrzehnten im zweistelligen Bereich liegt, die Fed zwingen könnte, die Zinsen früher als erwartet anzuheben.
Wie jedes andere Thema in den USA ist auch die Inflation zu einer politischen Debatte geworden. Während Präsident Joseph Biden – entgegen historischer Beweise – behauptet, dass zusätzliche Staatsausgaben in Billionenhöhe die Inflation dämpfen werden, müssen demokratische Politiker und demokratische Medien (ist das redundant?) sich dem Chor anschließen, der darauf besteht, dass die Inflation nur vorübergehend ist.
Fed-Chef Jerome Powell, der darauf wartet, ob Biden ihn wiederernennennt, hat sein Schicksal an die Demokraten geknüpft, obwohl er vordergründig ins Lager der Republikaner gehörte. Mit einem Auge darauf, wie seine Amtszeit in die Geschichtsbücher eingehen wird, unterstützt Powell die unbefristeten geldpolitischen Maßnahmen jedoch nur unter Vorbehalt.
Nachdem der Offenmarktausschuss der Federal Reserve (Federal Open Market Committee, FOMC) monatelang darauf bestanden hatte, dass "erhebliche weitere Fortschritte" auf sein Ziel der maximalen Beschäftigung (ach ja, und Preisstabilität) erforderlich sind, hat er letzte Woche endlich anerkannt, dass Fortschritte erzielt wurden. Der Ausschuss will laut seiner Erklärung "diese Fortschritte in den kommenden Sitzungen weiter bewerten".
Die Anleger werteten dies als deutliches Zeichen dafür, dass die lang erwartete Drosselung der Anleihekäufe nun auf der Tagesordnung steht. Auf seiner Pressekonferenz nach dem FOMC-Treffen wiederholte Powell die Leitlinien der Erklärung und fügte nur hinzu, dass "jede Änderung des Tempos unserer Wertpapierkäufe von neuen Daten abhängen wird".
Ökonomen erwarten nach wie vor einen Zeitplan nach den FOMC-Sitzungen im September oder November.
Der Chef der St. Louis Fed, James Bullard, ein Außenseiter im FOMC, sagte jedoch am Freitag, dass er bereits in diesem Herbst mit der Reduzierung der Anleihekäufe beginnen und den Prozess bis März abschließen möchte.
“Wir sind zu sehr auf die Seite der Tauben eingeschwenkt", sagte Bullard in Bemerkungen an Reporter nach einer Webcast-Rede und warnte, die Fed sei in keiner guten Position, um reagieren zu können, sollte die Inflation auf hohem Niveau bleiben.
Bullard, der nächstes Jahr im FOMC wieder stimmberechtigt sein wird, sagt, selbst wenn sich die Inflation wie erwartet verlangsamt, sieht er sie 2022 nicht vollständig zurückgehen und prognostiziert eine Rate von 2,5% bis 3%.
In der Zwischenzeit, sagt er, müsse die Fed bereit zum Handeln sein. Wenn die Inflation von selbst nachlässt, sagt er, "haben wir eine angenehme Antwort – wir bleiben einfach bei der Nullzinspolitik und verschieben den Starttermin."