Die gestern veröffentlichten US-Konjunkturdaten waren perfekt: das Wirtschaftswachstum hat sich in Q4 zwar abgeschwächt, war aber mit annualisiert +2,9% immer noch solide. Die Verbraucherausgaben stiegen weiterhin leicht an, um 2,1%. Der von der FED stark beachtete PCE-Preisindex ( Personal Consumption Expenditures) sank deutlich von 4,8% im dritten Quartal auf 3,2%. Die Kernrate ohne Nahrung und Energie ging von 4,7 auf 3,9% zurück. Der US-Auftragseingang für langlebige Güter legte im Dezember um 5,6% zu, das war viel stärker als mit +2,4% erwartet, zugleich zeigte sich der Arbeitsmarkt weiterhin unverändert robust. Es meldeten sich entgegen der Erwartungen nicht mehr, sondern weniger Menschen arbeitslos. Kein Wunder also, dass die US-Börsen (ETR:SXR4) dies feierten und unter Führung der Techwerte den S&P mit 4060 auf eine neue Stufe hievten. Die bisherige Barriere von 4020 ist von jetzt an unser neuer Stop Loss Level.
Wer das Zahlenwerk nach Schwachstellen durchforstet, findet zunächst heraus, dass die „zu guten“ Daten eventuell die FED doch zu einer 0,5%-Erhöhung nächste Woche verleiten könnten. Diese Wahrscheinlichkeit ist minimal gestiegen, weshalb US-Renditen und US-Dollar leicht anzogen. Freilich geht kaum ein Beobachter ernsthaft davon aus. Wichtiger ist jedoch, dass die Arbeitsmarktdaten wohl etwas verfälscht sind: Anspruch auf Unterstützung hat nur, wer von seinem bisherigen Arbeitgeber nichts mehr bekommt. Es wird vermutet, dass die vielen zuletzt angekündigten Stellenkürzungen von „Corp. America“ deshalb noch nicht in der Statistik wirksam sind. Zugleich besteht die Hoffnung, dass die zumeist gut ausgebildeten Menschen, die hiervon betroffen sind, schnell neu Jobs bekommen – die Zahl der offene Stellen ist weiterhin gigantisch hoch.
Nachbörslich goss Intel (NASDAQ:INTC) mit einem erschreckend schwachen Zahlenwerk Wasser in den Wein, die Indizes kamen spürbar zurück. Dabei dürften die Aussagen des Chip-Riesen gar nicht so überraschend gewesen sein, denn das ist lediglich das Spiegelbild des kollabierenden PC-Marktes. Wie hier vor ein paar Tagen geschrieben, gibt es im Halbleitermarkt derzeit zwei Welten. Wer z.B. vorrangig für die Automobilbranche produziert, kann sich vor Aufträgen kaum retten.
Dass nun darüber diskutiert wird, ob die Ukraine auch Kampfjets erhält und sich zugleich Gerüchte verbreiten über eine anstehende Großoffensive des russischen Militärs, werte ich als weitere Hinweise auf eine drohende neue Eskalationsstufe des Krieges. Das Risiko eines Überschwappens auf europäisches NATO-Gebiet ist zwar weiterhin sehr gering, aber definitiv steigend. Es mag sein, dass dies einer der Gründe ist, warum der STXE 600 keinen Boden mehr gut macht, obwohl die Berichtssaison gut läuft, wie auch gerade wieder LVMH (EPA:LVMH) unterstrichen hat. Der Konzern, der mit 400 Mrd Euro die höchste Marktkapitalisierung in Europa ausweist, berichtete gestern nach Börsenschluss über eine mit +9% viel besser als erwartete Entwicklung des Umsatzes im 4. Quartal. Auch der Ausblick des Luxusgüterherstellers fiel optimistisch aus. Auf der Gegenseite enttäuschte heute früh H&M (ST:HMb), wo nicht nur zurückhaltende Kunden, sondern auch explodierende Kosten und der Rückzug aus dem lukrativen Russland-Geschäft der Bilanz zusetzte. Ein wenig scheinen die Probleme aber auch hausgemacht: die Preisüberwälzung scheint nicht gut zu gelingen, dem Konkurrenten Inditex (BME:ITX) (u.a. Zara) geht es besser.
Die Börsen In Fernost notierten wenig verändert. Tokio meldet eine weitere Beschleunigung des Preisauftriebs: die Kernrate der Verbraucherpreise ist um 4,3% gestiegen. Mit den Zahlen kletterte die Rendite der 10y-Bonds auf 0,48% an, was den Yen mitzog. Nikkei und Topix tendierten stabil. Hongkong und Sydney legten leicht zu.