Gerade erst hatten die Börsen die Sitzungsergebnisse der US-Notenbank (Fed) und der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie die dabei signalisierte Bereitschaft zu weiteren Zinsanhebungen verdaut, da meldete sich gestern die Bank of Japan (BoJ) mit einer überraschenden Maßnahme zu Wort. Und auch diese sorgte für teils deutliche Kurssprünge.
Konkret hielten die Hüter des japanischen Yen zwar an ihrem Renditeziel von 0 % für 10-jährige Anleihen fest, doch verbreiterten sie die mögliche Range, in der die Rendite um das Ziel herumpendeln darf. Waren es bislang nach oben und unten 25 Basispunkte, so lässt die BoJ nun eine Abweichung von bis zu 50 Basispunkten zu.
Leitet auch die BoJ nun die Zinswende ein?
Da es auch Japans Wirtschaft langsam mit steigenden Inflationsraten zu tun hat, werteten die Börsen diese Maßnahme als einen ersten zaghaften Schritt der BoJ, nun ebenfalls eine Abkehr von der ultraexpansiven Geldpolitik einzuleiten. Allerdings wäre dies ein äußerst vorsichtiger Mini-Schritt. Denn zugleich kündigten die Notenbanker an, die Anleihekäufe deutlich zu erhöhen, um die Rendite bei 0 % zu halten. Und auf der Pressekonferenz sagte BoJ-Chef Haruhiko Kuroda: „Der heutige Schritt zielt darauf ab, die Marktfunktionen zu verbessern und so die Wirkung unserer geldpolitischen Lockerung zu verstärken“. Die Maßnahme sei also keine Zinserhöhung, versuchte er zu erklären.
Aktien- und Devisen reagierten deutlich
Doch da der Markt mehrheitlich mit keinerlei Änderungen gerechnet hatte, konnten die Worte Kurodas stärkere Kursreaktionen nicht verhindern. Der japanische Aktienmarkt gab kräftig nach und die Währung des Landes wertete massiv auf. Sowohl gegenüber dem Euro als auch zum Dollar kam es zu einer Wechselkursveränderung von mehr als 3 %. Solche Intraday-Bewegungen sind am Devisenmarkt eine absolute Ausnahme.
USD/JPY bricht auf ein neues Korrekturtief ein
Beim USD/JPY fiel dadurch die von mir erwartete abc-Konsolidierung kürzer aus als in der Analyse vom 7. Dezember mit den (grünen) Linien im folgendem Chart skizziert:
Das hat aus meiner Sicht nun zur Folge, dass man diese abc-Bewegung nicht als klassische ABC-Korrektur nach einer 5-gliedrigen Impulsbewegung werten kann, weil sie im Verhältnis zur vorherigen Abwärtsbewegung einfach viel zu kurz ausgefallen ist.
Stattdessen betrachte ich sie als Bestandteil eines intakten Abwärtstrendkanals (rot) und somit der noch nicht beendeten Abwärtswelle. Und diese geht damit langsam in eine Übertreibung.
Das muss nicht verwundern. Denn auch der vorherige Aufwärtstrend mit seinen 4 dynamischen Aufwärtswellen (grüne Rechtecke in den beiden Charts oben) war eine Übertreibung, die mehrfach in einen fahnenstangenartigen Anstieg überging. Und häufig kommt es anschließend zu ebenso dynamischen Gegenbewegungen.
Chance für erneute Gewinne mit Short-Trades?
Grundsätzlich hätte man von dem gestrigen Kurseinbruch des USD/JPY durchaus profitieren können. Denn in der oben genannten Analyse vom 7. Dezember hatte ich dazu geraten, eine Konsolidierung und Kurserholung abzuwarten, „um in diese hinein neue Short-Positionen zu platzieren“.
Allerdings fiel die abc-Bewegung, wie oben bereits geschrieben, kürzer aus als erwartet. Und daher habe ich in meinen Stockstreet-Börsenbriefen aktuell keine Short-Trades auf den USD/JPY unter Beobachtung. Denn ich hätte erst bei einer stärkeren Kurserholung neue Short-Positionen platziert.
Ich kann mit der vermeintlich verpassten Chance auf weitere Gewinne aber sehr gut leben. Denn einerseits konnten wir mit Short-Trades bereits von der vorherigen Abwärtsbewegung des USD/JPY profitieren und andererseits darf man an der Börse entgangenen Gewinnen niemals hinterhertrauern. Schließlich ergeben sich immer wieder neue Chancen. Und man kann einfach nicht immer zur richtigen Zeit im richtigen Basiswert investiert sein.
Außerdem sind Märkte, in denen Übertreibungen herrschen, aufgrund der höheren Volatilität mit höheren Risiken verbunden. Also warte ich beim USD/JPY nun einfach geduldig ab, bis sich der Kurs wieder etwas planbarer entwickelt. Und das sehe ich dann ale gegeben an, wenn es bald doch noch zu einer größeren abc-Konsolidierung bzw. -Kurserholung kommt.
Eine wichtige Lehre an den Börsen ist eben auch, dass man nicht auf jeden fahrenden Zug aufspringen muss. Stattdessen ist manchmal einfach Geduld gefragt, bis sich Chartmuster entwickeln, die einem vertraut sind und aus denen man daher mit höherer Wahrscheinlichkeit Profit schlagen kann.
Ich wünsche Ihnen dabei viel Erfolg
Ihr
Sven Weisenhaus