PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Nach leichten Zugewinnen in der Vorwoche sind die Kurse in Europa angesichts enttäuschender Konjunkturdaten und neuer Sorgen im US-chinesischen Handelsstreit wieder etwas gesunken. Der Leitindex EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) verlor zuletzt 1,04 Prozent auf 3534,24 Punkte.
Die Unternehmensstimmung in der Eurozone hat sich im September überraschend eingetrübt und den tiefsten Stand seit mehr als sechs Jahren erreicht. Wie das Institut Markit am Montag in London mitteilte, fiel der von ihm erhobene Einkaufsmanagerindex im Vergleich zum Vormonat um 1,5 Punkte auf 50,4 Zähler. Damit rutschte der Stimmungsindikator auf den tiefsten Stand seit Juni 2013. Analysten wurden von der Entwicklung überrascht. Sie hatten im Mittel mit einem Anstieg auf 52,0 Punkte gerechnet. Sowohl in der stark angeschlagenen Industrie als auch im stabileren Dienstleistungssektor sanken die Indikatoren.
Dazu sorgten die jüngsten Entwicklungen im US-chinesischen Handelsstreit vom Wochenende für neue Unsicherheit unter den Anlegern. Nach zweitägigen Vorbereitungen in Washington für die Anfang Oktober geplante Wiederaufnahme der Verhandlungen hatte die chinesische Seite am Samstag zwar von "konstruktiven Diskussionen", gesprochen, aber gleichzeitig für neue Irritationen gesorgt. Ein geplanter Besuch chinesischer Delegationsteilnehmer in den beiden landwirtschaftlich geprägten Bundesstaaten Montana und Nebraska wurde kurzfristig abgesagt.
US-Präsident Donald Trump wiederum hatte die Notwendigkeit einer raschen Einigung heruntergespielt: Er brauche nicht zwangsläufig vor der Präsidentenwahl im November 2020 ein Handelsabkommen, sagte Trump Ende vergangener Woche im Weißen Haus.
Der französische Leitindex Cac 40 (CAC 40) gab zuletzt um 0,95 Prozent nach, während der Londoner FTSE 100 0,73 Prozent verlor.
Schleppend lief es am Vormittag für den europäischen Automobilsektor, dessen Branchenindex (Stoxx 600 Automobiles & Parts RP) um rund zweieinhalb Prozent nachgab. Hier gehörte unter anderem Renault (9:RENA) mit einem Minus von fast 3 Prozent zu den größten Verlierern - Medienberichten zufolge wolle der Konzern seine Beteiligung an Nissan (20:7201) doch nicht wie geplant reduzieren. Stärkster Sektor war dagegen die Lebensmittelbranche mit einem Plus in ihrem Index (Stoxx 600 Food & Beverage PR) von 0,53 Prozent. Hier gehörte Nestle (5:NESN) mit gut einem Prozent Plus zu den größten Gewinnern.
Im Reisesektor ging es ebenfalls leicht bergauf, nachdem der britische Touristikkonzern Thomas Cook (3:TCG) in der Nacht zum Montag über seinen Insolvenzantrag informiert hatte. Der Handel mit den Aktien wurde daraufhin zunächst gestoppt. Die Aktien von Easyjet (3:EZJ), für die die britische Investmentbank HSBC in einer am Montag vorliegenden Studie auch eine Kaufempfehlung ausgesprochen hatte, gewannen zuletzt 4,21 Prozent an Wert dazu. Für Ryanair (3:RYA) ging es zugleich um 1,41 Prozent nach oben, während Air France KLM (9:AIRF) um 1,06 Prozent zulegte.
David Perry von JPMorgan (NYSE:JPM) sieht die Airlines durch steigende Volumina, höhere Preise und den Verkauf der Start- und Landerechte der Flotte des insolventen Konzerns Thomas Cook begünstigt. Der Analyst erinnerte aber daran, dass die grundsätzlichen Probleme wie der Brexit, der starke US-Dollar und höhere Treibstoffkosten dadurch nicht aus der Welt seien.
Aber auch in anderen Bereichen sorgten Analystenstimmen für Bewegung. Der Pharmakonzern Sanofi (9:SASY) und der Brillenkonzern Essilorluxottica (9:ESLX) profitierten gleichermaßen von einer Kaufempfehlung der US-Investmentbank Morgan Stanley (NYSE:MS) - die Aktien beider Unternehmen legten rund 1 Prozent zu. Der Stahlhersteller ArcelorMittal (7:MT) geriet nach einer Abstufung der Investmentbank Oddo BHF stark unter Druck. Analyst Alain William rät zum Verkauf der Aktie, in der Folge verlor sie zuletzt fast sieben Prozent.