von Pinchas Cohen
Der Artikel erschien am 15. April 2018 im englischen Original unter dem Titel 'Week Ahead: Will Rising Risks Weigh On Equities?' auf Investing.com.
- Am Freitag fielen US-Aktien auf Kriegsdrohungen; am Sonnabend wurde eine davon war
- Seit der Brexit-Abstimmung haben Aktienanleger geopolitische Risiken laufend beiseite geschoben
- Am Sonntag ging es an den Aktienmärkten im Nahen Osten aufwärts
- Öl mit Aufwärtspotential als Spannungen unter den größten Produzenten zunehmen
- RBA warnt, dass Investoren das Inflationsrisiko nicht einpreisen
Nach einer bewegten Woche, in der der S&P 500 nichtsdestoweniger 1,99% hinzugewann, war der Freitag ein kompletter Schlag ins Wasser. Der am häufigsten erwähnte US-Leitindex zog sich über den Tag um 0,29% zurück, nach unten gezogen von Finanzwerten, die 1,51% an Wert verloren. Ohne Energiewerte, die mit einem Anstieg um 1,10% den Markt weit übertrafen, hätte der Index noch schwerere Verluste erlitten. Wäre William Shakespeare heute ein Analyst, dann wäre seine Vorhersage für die US-Märkte—alle Leitindizes fielen am Freitag, der Dow um 0,50%, der NASDAQ um 0,47% und der Russell 2000 um 0,50%—wäre wohl kaum, Ende gut, alles gut. In der Tat, der letzte Tag der vergangenen Woche endete nicht eben gut.
Das mag der Intuition zuwiderlaufen. Schließlich hatte der SPX in den vorangegangenen fünf Handelstagen knapp unter 2,00% hinzugewonnen. Allerdings waren die Händler nicht bereit, ihre Positionen über das Wochenende zu halten, was einen Mangel an Vertrauen signalisiert. Mit einer Vielzahl von heimischen und geopolitischen Risiken am Horizont, wer wollte es ihnen vorwerfen?
Was für Schlüsse können wir aus dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage ziehen, das sich in dem Kursverlauf des S&P 500 ausdrückt? Das kleine, auf dem Kopf stehende, H&S-Muster im Vierstundenchart (hier im Tageschart) hat zu keinem Ausbruch geführt.
Es drang 0,42% in die Ausschnittslinie vor, schloss aber letzten Ende tiefer und unter der Ausschnittslinie. Die 50 Tagelinie (grün) fiel unter die 100 Taglinie (blau), was zeigt das die jüngsten Kursdaten schwächer im Vergleich zur Vergangenheit waren und beide liegen genau über dem Tageskurs, womit sie zum Überfluss noch Widerstand formen.
Die viel beredete 200 Tagelinie (rot) gab den Händlern vor fast zwei Wochen zu fürchten, als der Kurs zum ersten Mal seit dem anfänglichen Schock über den Ausgang der Brexit-Abstimmung Mitte Juni 2016 zu Handelsende unter ihr. Das war an der Untergrenze der 3-Wochenrange.
Auf der anderen Seite, sowohl der MACD, als auch der RSI suggerieren, dass der Kurs weiter steigen und den Boden ausformen wird. Sollte das in der Tat geschehen, dann kommt das Niveau von 2.800 ins Spiel; sollte der Kurs dieses durchstoßen, dann bekommen wir auf einen viel größeren zweifachen Boden, der den Kursverlauf seit Anfang Februar zu einer Basis machen würde, um den Rekord von Ende Januar zu nehmen und darüber hinaus zu steigen.
Wachsende US und geopolitische Risiken
Die Liste der vordringlichen Risiken wird immer länger. Derzeit gehören zu ihr die Vielzahl von rechtlichen Problemen, sowohl politischer als auch persönlicher Natur, die die Administration von Präsident Donald Trump umkreisen, wie wenig präsidentielle Angriffe gegen den früheren FBI-Chef James Comey als Reaktion auf Comeys Einschätzung von Trump 'Mafiaboss' in seinem neuen Buch; die fortdauernden Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China und die militärischen Auseinandersetzungen in Syrien—gegenwärtig und möglicherweise in der Zukunft.
Während die Risikoabneigung sich am Freitag unter den Investoren allein auf Drohungen hin ausbreitete, da Meldungen vom Angriff erst am Sonnabend auftauchten, setzten die USA und ihre Verbündeten Großbritannien und Frankreich Trumps Drohung um und führten einen Luftangriff gegen was als das 'Herz des syrischen Chemiewaffenprogramms' charakterisiert wurde. Und es ist vielleicht noch nicht vorbei. Der US-Präsident warnte Syrien, dass die USA 'ihre Waffen geladen' hat, um erneut anzugreifen, sollte Assads Regime erneut chemische Waffen einsetzen.
Als ob das noch nicht genug wäre, ging die Unsicherheit unter Investoren noch weiter. Wells Fargo (NYSE:WFC), JPMorgan Chase (JPM) und Citigroup (NYSE:C) berichteten allesamt am Freitag und schlugen jeweils die Erwartungen, aber ihr unsicherer Ausblick reichte aus, um einen breiter angelegten Ausverkauf am Markt auszulösen.
Wie viel schlimmer wird es werden, wenn die militärischen Verwicklungen der Vereinigten Staaten im Nahen Osten zunehmen? Das hängt davon ab, was ihr Zeitfenster ist. Während Aktien historisch gesehen, unmittelbar nach einem Militärschlag oder einem terroristischen Anschlag verkauft werden, erholen sie sich generell relativ schnell.
Des weiteren, wie wir oft seit der Brexit-Abstimmung in Mitte 2016 hervorgehoben haben, Aktieninvestoren lassen sich kaum noch von geopolitischen Risiken beeindrucken. Der Ausverkauf an den Märkten nach der Brexit-Abstimmung hielt für insgesamt drei Tage an, bevor die Erholung einsetzte. Der anfängliche Schock über Trumps Wahlsieg im November 2016 dauerte gerade mal 3 Stunden, bevor die Zuversicht der Investoren zu neuer Stärke zurückfand. Zur Zeit des italienischen Referendums im Dezember 2016, ging es an den Märkten 3 Minuten abwärts.
Märkte des Nahe Ostens signalisieren keine Angst?
Angesichts dieser jüngsten Präzedenzfälle ist es unmöglich zu sagen, wie weit der Ausverkauf am Aktienmarkt wegen der als schlecht angesehenen Nachrichten gehen wird, bevor ein Umschwung einsetzt. Für langfristige Investoren ist die Lösung offensichtlich, es gibt nicht zu tun.
Für kurzfristig investierende Händler, ist die Lage kniffliger. Am meisten irritiert, dass der Angriff am Wochenende kam, wenn die Investoren nicht reagieren können. Oder war das die Absicht dahinter?
Natürlich ist es schwierig vorherzusagen, wie die Märkte mit all dem am Montag umgehen werden. Allerdings könnte es heute ein verräterisches Anzeichen geben, dass möglicherweise die morgigen Kurse vorwegnehmen könnte.
Das Freitag in der muslimischen Welt ein Feiertag ist, sind die Märkte im Nahe Osten vom Sonntag bis Donnerstag geöffnet. Einem Artikel von Bloomberg nach, der heute herauskam, sind die Spannungen schon eingepreist. Der Luftschlag hat an den Märkten des Nahen Ostens nicht für Panik gesorgt, sagen Analysten, vielleicht weil das geopolitische Risiko schon immer vorhanden war. Stattdessen sind die Investoren dort an den Unternehmensergebnissen interessiert.
In der Tat, die Aktien im Nahe Osten laufen besonders gut. Der Leitindex für den Aktienmarkt in Dubai, der DFM General ist seit Juli am stärksten gestiegen. 98% der Unternehmen, die am saudischen Tadawul gelistet sind, stiegen ebenfalls. Aktien in Abu Dhabi kletterten um bis zu 1,3% und schickten den ADX General auf seinen höchsten Schlusskurs seit August 2015.
Bedenkt man, dass diese Märkte alle in der Region liegen, in der der Konflikt stattfindet, und sie dennoch ihren Anstieg fortsetzen, dann sollten die globalen Märkte auf anderen Kontinenten sich beruhigt zurücklehnen. Dennoch, Investoren sind berühmt für ihren Wankelmut, sodass morgen alles mögliche passieren kann.
Bitcoin bekam ein zweifelhaftes Kompliment vom Wirtschaftsnobelpreisträger Robert Shiller, der dem US-Wirtschaftssender CNBC mitteilte, dass die Blase der am weitesten verbreiteten Kryptowährung weiter anschwellen könnte. Der Yale-Professor betrachtet virtuelle Münzen als “…ein weiteres Beispiel für den menschlichen Herdentrieb” ähnlich der Tulpenmanie, die die holländischen Märkte im 17. Jahrhundert in Atem hielt, als der Wert einzelner Tulpenzwiebeln auf Niveaus stieg, die nichts mit dem Nutzwert zu tun hatte, bevor im Februar 1637 der Zusammenbruch kam.
Das Interview kam, nachdem Bitcoin einen seiner besten Tage in 2018 hatte und aus einem negativen Wimpelmuster ausbrach, aber immer noch in einem Abwärtstrend liegt. Allerdings, wie beim S&P 500, der Ausbruch vom Wimpel könnte eine Basis und das zweite Element eines zweifachen Bodens werden. Ein entschiedener Durchbruch durch die Marke von 12.000 USD würde dann das Muster vervollständigen.
Wirtschaftliche Schlüsselereignisse
Alle Zeiten in MEZ
Montag
14:30: US – Einzelhandelsumsätze (März): sollen auf 0,4% gegenüber Vormonat steigen, nach 0,1 prozentigem Rückgang.
Dienstag
03:30: Australien – Zentralbankprotokoll
Die Notenbank des Landes warnte in ihrem am Freitag erschienenen Finanzstabilitätsreport, dass ein starker Anstieg der Zinssätze, ausgelöst von einer steigenden Inflation risikosuchende Investoren auf dem linken Fuß erwischen könnte, da diese ein solches Risiko überhaupt nicht eingepreist haben, was zu einer schweren und langanhaltenden Korrektur führen könnte.
Der AUDUSD Kurs liegt in einem Abwärtskanal, was zeigt, dass die Nachfrage abnimmt. Am Freitag versuchten die Bullen am Markt aus dem Abwärtstrend auszubrechen, wurden aber wieder zurück in den Kanal gebracht, was ein sehr negatives Muster, die Sternschnuppe, mit einem extrem langen Oberschatten formt.
Der Umstand, dass dies an der Obergrenze des Abwärtskanals passiert, verdoppelt die negative Wirkung der Sternschnuppe. Die Tatsache, dass es passierte, sowohl beim Versuch die 100 Tagelinie (blau) und die 200 Tagelinie (rot) zu durchbrechen, verdreifacht die ominöse Prognose. Der Umstand, dass die 50 Tagelinie (grün) gerade eine Todeskreuz geformt hat und unter die 100 und die 200 Tagelinie fiel, vervierfacht den negativen Ausblick.
04:00: China – BIP (Q1), Einzelhandelsumsätze (März): 1,5% höher im Quartalsvergleich und 6,8% im Jahresvergleich laut Prognose, von 1,6% bzw. 6,8%. Die Einzelhandelsumsätze sollen auf 9,7% im Monatsvergleich stehenbleiben.
22:00: China – Industrieproduktion (Jahresvergleich) (März): Rückgang des Wachstums von 7,2% auf 6,4% vorhergesagt.
10:30: Großbritannien – Beschäftigungsdaten: Anzahl der Antragssteller im März, soll um 13,3 Tsd nach Zunahme um 9,2 Tsd. Arbeitslosenquote soll der Vorhersage nach auf 4,3% stehenbleiben, während der Durchschnittslohn (einschließlich Boni) im Februar um 2,8% steigen soll, von 2,6%.
11:00: Deutschland – ZEW-Index (April): Konjunkturerwartungen sollen auf -0,8 fallen, von 5,1.
12:30: USA – Hausbauanfänge und Baugenehmigungen (März): Hausbauanfänge sollen im Vergleich zum Vormonat um 1,9% gestiegen sein, nach 7 prozentigem Rückgang und die Genehmigungen von 1,321 Mio auf 1,330 Mio.
Mittwoch
01:50: Japan – Handelsbilanz (März): Überschuss soll von 3 Mrd Yen auf 498 Mrd Yen steigen.
12:30: UK – Verbraucherpreisinflation (März): soll im Jahresvergleich auf 2,7% stehenbleiben und im Monatsvergleich um 0,3% fallen, von 0,4%. Kerninflation von 2,4% auf 2,5%.
16:00: Kanada– Bank of Canada Zinsentscheidung: keine Veränderungen erwartet.
16:30 – US-EIA Rohölvorräte (Stichtag 13. April): sollen um 30.000 Fass fallen.
Die Spannungen im Nahen Osten sind sehr gut für den Ölmarkt. Im Gegensatz zu Aktienanlegern sind die Händler von Ölkontrakten extrem sensibel für geopolitische Risiken und das hier führt zu steigenden Kursen. Wenn die Androhung einer Attacke allein ausreicht, um den Kurs des Rohstoffs zu seinem größten Wochengewinn in mehr als acht Monaten zu verhelfen, wie würden die Investoren dann auf einen tatsächlichen Angriff reagieren?
Es ist zu beachten, dass Russland—der Schutzherr von Assads Regime in Syrien—der drittgrößte Ölförderer der Welt ist, was das Potential für Lieferstörungen im Falle eines anhaltenden Konflikts erhöht. Hinzu kommt, dass Saudi-Arabien, der zweitgrößte Ölproduzent, mit dem Iran über Kreuz liegt, das der fünftgrößte Ölförderer der Welt ist, was zu einer wirklich komplexen Risikolage führt.
Der Kurs von WTI hat ein steigendes Dreieck vollendet, was signalisiert, dass es mit dem Ölpreis aufwärts geht.
Donnerstag
03:30: Australien – Beschäftigungsdaten (März): 20Tsd neue Jobs vorhergesagt, nach 17,5 Tsd im Februar, während die Arbeitslosenquote von 5,6% auf 5,5% fallen soll.
10:30: Großbritannien – Einzelhandelsumsätze (März): sollen um 0,4% im Monatsvergleich und 1,2% im Jahresvergleich wachsen, nach 0,6% bzw. 1,1% (ohne Treibstoffe).
14:30: US – Philadelphia Fed Index vom produzierenden Gewerbe (April): 20,9 erwartet nach 22,3
Freitag
01:30: Japan – Verbraucherpreisinflation (März): 1,5% im Jahresvergleich nach 1,5%. Kerninflation auf 1% genau wie im letzten Monat.
14:30: Kanada – Verbraucherpreisinflation (März): soll im Monatsvergleich 0,5% und im Jahresvergleich 2% betragen, nach 0,6% bzw. 2,2%. Kerninflation im Jahresvergleich auf 1,4% nach 1,5%.
16:00: Eurozone – Verbrauchervertrauen (April, vorläufig): -0,6 erwartet nach 0,1.