Die US-Indizes zeigten gestern in der zweiten Sitzungshälfte Ermüdungserscheinungen. Auffallend dabei war die Spaltung des Marktes: während z.B. die Sektoren Industrie, Infrastruktur und Verbrauchsgüteraktien sowie Unternehmen des Smart Beta Stils Low Vola solide Zuwächse aufwiesen, gerieten viele Technologietitel der zweiten Reihe unter stärkeren Verkaufsdruck. Das galt insbesondere für Unternehmen mit Bezug zu Blockchain/Krypto u/o KI. So verloren Cipher Mining (NASDAQ:CIFR) und Palantir (NYSE:PLTR) Technologies 15% an Wert und Datadog (NASDAQ:DDOG) 11%. Von Seiten der FED gab es erneut dämpfende Kommentare Neel Kashkari betonte, er empfehle, die Zinsen auf längere Zeit auf dem gegenwärtigen Level zu halten.
Dass die US-Behörden nun „gewisse Lizenzen“ widerrufen, die es bislang Intel (NASDAQ:INTC) und Qualcomm (NASDAQ:QCOM) erlaubten, Chips an Huawei zu verkaufen, ist zwar für beide Firmen wenig relevant – es geht nur um recht kleine Mengen – ist aber symptomatisch für die steigenden wirtschaftlichen Spannungen zwischen den beiden Staaten. Zudem könnte diese Entscheidung wiederum Gegenmaßnahmen nach sich ziehen.
In Fernost war die Kursentwicklung heute lustlos. Stärkere Abgaben verzeichnete Japan: der Nikkei verlor 1,6%. Offenbar suchen Notenbank und Finanzministerium den Schulterschluss, um zumindest verbal der weiteren Yen-Abwertung entgegen zu treten. Die jüngste Erholung der japanischen Währung ist fast schon wieder verpufft. Weiterhin ist unklar, ob dahinter Interventionen gestanden hatten. Bleibt alles unwirksam, muss Japan wohl den gehassten Weg gehen und die Zinsen erhöhen. Heute früh legten Nintendo (TYO:7974) und Ricoh ihr Zahlenwerk vor. In Anbetracht des Rückenwindes der schwachen Währung hätten die Zahlen durchaus erfreulicher ausfallen dürfen. Zudem belastete der verhaltene Ausblick. Nach Börsenschluss lieferte vorhin auch Toyota (TYO:7203) sein Quartalsergebnis ab. Dieses war zwar besser als prognostiziert, jedoch erwartet der Autoriese eine Umsatz- und Gewinnerosion im laufenden Geschäftsjahr. Gleichzeitig kündigte das Unternehmen aber einen Aktienrückkauf in Höhe von umgerechnet ca. 6 Mrd Euro an - das sind ca. 3% der umlaufenden Anteile. Diese Nachricht stützt aktuell den Kurs. Charttechnisch sieht der Nikkei 225 angeschlagen aus – der gerade erst zurückeroberte 20 Tage Trend wurde wieder nach unten durchbrochen. Der Hang Seng Tech Index gibt den zweiten Tag in Folge ab, heute 1,3%. Zu den größeren regionalen Verlieren zählten chinesische Immobilienaktien (Longfor (HK:0960) -7%, Swire Properties -4%). Chinas CSI 300 gab 0,7% nach.
Europas Indizes hingegen strotzen vor Kraft: der STXE 600 NR steht auf neuem Allzeithoch. Treiber der jüngsten Rallye sind die Quartalszahlen. Heute früh begeistern Anheuser-Busch NV und Siemens Energy (ETR:ENR1n). Trotzdem ist auf Sektorenebene die Stimmung heute nicht eindeutig rosig: Nahrung & Getränke, Bau und Industrie legen deutlich zu. Automobile und Basisrohstoffe hingegen geben deutlich nach. Mit Glencore (LON:GLEN), BP (LON:BP) und Rio Tinto (LON:RIO) liegen drei Rohstoffkonzerne am Ende des STXE 50 - eine Folge der heute schwachen Rohstoffpreise. An der Spitze stehen nach AB drei Industrieunternehmen: Safran (EPA:SAF), Siemens (ETR:SIEGn) und Schneider. Auslöser dürfte das gute EBIT-Ergebnis des Wettbewerbers Alstom (EPA:ALSO) sein. Am Ende des ESX 50 steht BMW (ETR:BMWG), hier enttäuscht die niedrige operative Marge von lediglich 8,8%. Konjunkturnachrichten kommen aus Deutschland: im März war die Industrieprodukten erneut rückläufig. Jedoch fiel der Rückgang dank einer leichten Erholung am Bau weniger stark aus als befürchtet. Das ifo-Institut berichtet, dass fast 40% der Industrieunternehmen im April über fehlende Aufträge klagten. Das Institut der deutschen Wirtschaft rechnet für 2024 lediglich mit einer Stagnation. Die globale Nachfrage nach Investitionsgütern – eine Kernkompetenz der heimischen Wirtschaft - sei weiterhin gering, zudem seien die Arbeits- und Energiekosten im internationalen Vergleich hoch und die Produktivität rückläufig.
APX: ital und dt. Staatsanleihen +2, Nikkei -2.