Es ist immer wieder auffallend: nach einer extremen Woche beginnt die Folgewoche mit einer Gegenbewegung. So auch heute früh. Am Freitag waren die globalen Märkte nach Veröffentlichung des US-Arbeitsmarktberichts unter weiteren Abgabedruck geraten. Die Zahlen waren noch schwächer ausgefallen als erwartet und befeuerten die latenten Rezessionsängste. Nasdaq und S&P 500 schlossen auf Tages- und Wochentief. Auch die frühen US-Futures zeigten noch keine Aufhellung, wohl aber dann Japan. Hier waren die offshore-Kurse am Freitag massiv abgesackt, das übernahmen zunächst die Investoren, griffen dann aber zu, auch, weil sich der Yen nach seiner Freitagsrallye wieder etwas beruhigte. Vom Tief kurz nach Eröffnung legte der Nikkei 225 fulminante 2,6% zu und schloss fast wieder auf dem Stand von Freitag früh. Also nicht dadurch irritieren lassen, dass „formal“ Japans Indizes heute ein Minus aufweisen. Die ETFs stehen 2,5% höher als am Freitag zum Xetraschluss. Ich vermute, dass diese Rallye die Investoren auch in Europa ermutigt hat. Jedenfalls zieht der STXE 600 um aktuell 0,6% an.
Zu den Fakten. Das US-Jobwachstum im Dreimonatsvergleich war das schwächste seit Mitte 2020 (Covid). Kurz nach der Veröffentlichung bekundete Fed-Gouverneur Christopher Waller seine Bereitschaft, auch einen größeren Zinsschritt zu gehen. Beides beflügelte die US-Staatsanleihen, wo laut Reuters nun 30% der Befragten einen 0,5%-Zinsschritt erwarten, Dies stimulierte kurz auch die Aktienmärkte, bevor dann die Sorgen über das Tempo der Abkühlung der Konjunktur überwogen. Das war das Marktverhalten, das ich für den Fall schwacher Jobdaten auch angenommen hatte. Auf der negativen Seite wurde der Markt zusätzlich belastet von Broadcom (NASDAQ:AVGO). Der Kurs des sechstgrößten Halbleiterherstellers der Welt, Top Ten - Komponente der Global Titans, brach nach einer Umsatzwarnung um 10% ein und riss den schwergewichtigen Semiconductor-Index mit sich. So gab auch z.B. Nvidia (NASDAQ:NVDA) 4% nach. Aber auch die Nebenwerte des Russell 2000 verloren 2%, zeitgleich schoss die Volatilität hoch. Über die Zinserwartungen befragt, vertraten die meisten der von Bloomberg befragten Analysten die Meinung, dass die Fed im September um 0,25% senken wird und dann im weiteren Jahresverlauf zwei 0,5%-Schritte gehen könnte. Sie sei klar hinter der Kurve – jedoch könnte eine zu aggressive Senkung das Inflationsgespenst wieder aufwecken. Im schlimmsten Fall könnte ein Stagflationsszenario entstehen. Deshalb richten sich die Blicke nun auf den Mittwoch, wenn die August-Verbraucherpreise veröffentlicht werden. Fatal wäre eine Beschleunigung. Erwartet wird jedoch ein Rückgang von 2,9% auf 2,6%.
Chinas Börsen trudeln auf ihr Jahrestief vom Februar zu, der CSI 300 gab heute früh weitere 1,5% nach. Damit sind die massiven Käufe der staatsnahen Institute vom Frühjahr verpufft. Solange die Immobilienkrise und das schleppende Konsumverhalten vorherrschen, machen Analysten wenig Hoffnung auf Besserung. Dahinter steht auch ein massiver Käuferstreik ausländischer Investoren, was mit dem außenpolitischen Auftreten Chinas zu tun hat. Aber es gibt auch fundamentale Gründe: die Gewinne der Unternehmen im MSCI China Index sind in Q2 um 4,5% gefallen ggü. Q2 2023. Reuters meldet, dass im August die Produzentenpreise um 1,8% zum Vorjahr gefallen sind, erwartet war -1,4%. Das zeigt von fehlendem Preisüberwälzungsspielraum. Das belegt auch der maue Anstieg der Verbraucherpreise um nur 0,6%, der zudem hauptsächlich lediglich auf einen Anstieg der Lebensmittelpreise zurückzuführen ist.
Von der EZB wird am Donnerstag ein 0,25%-Zinsschritt erwartet. Schwache Wirtschafsdaten einerseits und hartnäckig hohe Inflation andererseits machen eine weitere Vorhersage schwierig. Die Ölpreise ziehen heute an. Vor der US Golfküste braut sich offenbar ein Hurrikan zusammen, was dort die Förderung unterbrechen könnte.
APX: Risk off +3: Dt. Staatsanleihen und Gold je +2, Vola -1. Risk on 0: Kupfer +4. S&P und EM-Aktien -4.