Die US-Aktienmärkte zogen gestern unter Führung der Technologiewerte deutlich an. Eine Sonderrallye verzeichneten Betreiber von Kreuzfahrten. Bloomberg berichtet von zunehmendem Druck auf unterinvestierte Manager, auf den Börsenzug aufzuspringen und davon, dass derzeit die zuletzt rekordhohe Netto Short-Positionierung auf den S&P 500 laut der CFTC (Commodity Futures Trading Commission) massiv und hastig geschlossen wird. In der Vorwoche sei das fünftstärkste Short-Covering seit 2018 registriert worden. Insbesondere hatten fast alle Investmentbanken seit Monaten düstere Erwartungen geäußert und immer wieder drohende Kurseinbrüche prophezeit. Die Widerstandsfähigkeit der US-Unternehmen und die nahezu ungebrochene Konsumbereitschaft der Verbraucher hat die meisten und darunter auch viele prominente Analysten auf dem falschen Fuß erwischt. Die Deutsche Bank (ETR:DBKGn) zeigt auf einer Grafik, dass erstmals seit einem Jahr aktive Fondsmanager nun wieder leicht oberhalb der neutralen Positionierung stehen und somit zu den systematischen Trendfolgesystemen aufgeschlossen haben.
Für weiteren Rückenwind könnten um 14:30h die Inflationszahlen sorgen – aber Achtung, alle sind auf erfreuliche Zahlen positioniert. Für den Index der Verbraucherpreise (CPI) wird ein Anstieg um 0,1% ggü. April bzw. um 4% ggü. Mai 2022 erwartet. Für die Kernrate liegen laut CNBC die Prognosen bei +0,4% / +5,3% . Die FED dürfte morgen – falls der CPI nicht dramatisch beschleunigt hat - zum ersten Mal seit 15 Monaten auf eine Zinsanhebung verzichten. Aktuell gehen laut CME Groups`s FedWatch Tool 75% der befragten Teilnehmer davon aus. Die zunehmende Ausbreitung der Rallye in Nebenwerte und Industrials signalisiert, dass die Investoren mittlerweile an eine weiche Landung glauben, auch wenn – wie gestern hier im Blog geschrieben – die Q2-Reports insgesamt noch von Gewinnrückgängen geprägt sein dürften.
Heute früh ziehen die US-Futures weiter an. Aber auch aus China kommen positive Signale: so verdichten sich die von Bloomberg bereits vor Tagen gemeldeten Hinweise auf stimulierende Maßnahmen, u.a. im Immobiliensektor (hier geht es z.B. um Garantien, dass Bauprojekte fertiggestellt werden) und zur Ankurbelung des privaten Konsums. Der State Council wird angeblich am Freitag dazu beraten. Die PBoC ist bereits vorgeprescht und hat heute den Satz für siebentägige Repogeschäfte von 2 auf 1,9% ermäßigt- Am Markt steigen die Hoffnungen, dass auch die Zinsen auf die mittelfristige Kreditfazilität und die Loan Prime Rate gesenkt werden. Die Aktienkurse in Fernost reagieren mit Gewinnen von über einem Prozent sehr positiv. An der Spitze rangieren Nikkei 225 und Hang Seng Tech, der die im Ausland bekannten chinesischen Firmen beinhaltet, mit +1,8 bzw. +2,5%.
Auch Europa reagiert mit Kursaufschlägen auf die Vorgaben, wobei aber festzuhalten ist, dass auf Ebene des STXE 600 die Region bereits seit zwei Monaten auf der Stelle tritt – statt frischem Geld wird lediglich rotiert. Wie schon gestern zeigen sich auch heute wieder die Gebrauchsgüteraktien von LVMH (EPA:LVMH) bis BMW (ETR:BMWG), die Technologiewerte und auch die Zykliker (NYSE:XLY) wie Bauwerte und Industrials freundlich. Auffallend fest präsentieren sich heute Basisrohstoffe mit +2,4%, das dürfte an aufkeimender China-Fantasie liegen. Auf der Gegenseite stehen jedoch die defensiven Branchen unter Abgabedruck, so dass der Anstieg des breiten STXE 600 mit aktuell +0,3% im internationalen Vergleich recht mager wirkt. Das dürfte u.a. auch an der EZB liegen, die es sich als einzige der großen Notenbanken nicht leisten kann, eine Zinspause einzulegen.