Die Q1-Zahlen des Schwergewichts Netflix (NASDAQ:NFLX) fielen deutlich besser aus als prognostiziert. Ebenso übertraf die Zahl der Neuabonnenten die Erwartungen. Dies dürfte jedoch zum großen Teil mit dem Ende des Passwort-Sharing zusammenhängen. Daher missfällt den Anlegern, dass Netflix zukünftig auf die Veröffentlichung dieser Kennzahl verzichten wird. Denn daraus zieht der Markt den Rückschluss, dass Netflix nun mit einer Abschwächung beim Kundenzuwachs rechnet. Die Aktie verliert vorbörslich knapp 5%. Bereits während des Börsenhandels waren die US-Indizes unter neuen Verkaufsdruck geraten, was mit dem erneut einsetzenden US-Zinsanstieg begründbar ist. Dies wiederum lässt sich mit den jüngsten Konjunkturdaten und Äußerungen von US-Notenbankern erklären. So hält John Williams sogar eine Zinserhöhung für nicht ausgeschlossen (das sei aber nicht sein Basisszenario), Ralph Bostic wiederholte seine Empfehlung, nicht vor Ende des Jahres die Zinsen zu senken und auch Neel Kashkari sympathisiert mit dieser Meinung. Zeroleich fielen die Zahlen vom Arbeitsmarkt und auch der FED-Philadelphia Factory Index „zu gut“ aus. Ganz schwach präsentierte sich die Q1-„Börsen-Lokomotive“ Semiconductor. Der Report des taiwanesischen Chipriesen TSMC (NYSE:TSM) offenbarte, dass abgesehen vom Superzyklus rund um das Thema KI die Branche mit den einfacher gestrickten Halbleitern für andere Anwendungen durchaus ihre Absatzprobleme hat. Nur die High End Schmiede Nvidia (NASDAQ:NVDA) konnte sich der Verkaufswelle – der Sektor verlor 2% - entziehen.
Heute Nacht sackten die US-Futures deutlich ab und erreichten ihren Tiefpunkt um 04:12h MEZ. Das dürfte an Meldungen von US-Mediensendern gelegen haben, dass Israels Luftwaffe Ziele im Iran angegriffen habe. Jedoch war dies anscheinend lediglich ein symbolischer Akt, mit dem Israel der Regierung in Teheran zeigen will, dass es in der Lage ist, dem Iran massiven Schaden zuzufügen. Also eher eine Warnung als eine Attacke. Deshalb erholten sich die Futures danach wieder ein wenig, jedoch konnten die in Asien eingetretenen Kursverluste nicht mehr aufgeholt werden. So büßte insbesondere der Nikkei 225 mit -2,6% heftig ein. Japan ist von Energieimporten abhängig, der temporäre Sprung der Ölpreise – der Brent Future z.B. schoss von 87 USD gestern Abend bis auf 90,4 USD hoch – belastete daher enorm. Aktuell notiert Brent jedoch wieder bei leidglich 87,25. Öl aus dem Iran steuert knapp 1,5% zum globalen Angebot bei. Dieses Mal funktionierte der Mechanismus der US-Staatsanleihen als „sicherer Hafen“ in Zeiten politischer Krisen: kräftige Nachfrage drückte die Renditen der 10y-Treasuries um 14 Basispunkte nach unten bis auf 4,496% – dieser Effekt verpufft aber zur Stunde wieder, die Rendite liegt bereits wieder bei 4,59%.
Auch in Europa ist die Nervosität weiter hoch: der STXE 600 gibt aktuell 0,7% nach und notiert auf dem niedrigsten Stand seit Anfang März. Gefragt sind defensive nichtzyklische Sektoren. L’Oréal (gute Q1-Zahlen), Nestlé (SIX:NESN) und Unilever (AS:ULVR) führen den STXE 50 an. Zyklische Sektoren (Industrie, Bau, Bekleidung und Automobile) liegen hinten.
Mit S&P 500, DAX und STXE 600 NR rutschen gleich drei für uns relevante Indizes unter ihren 50 Tage -Trend. Der APX verliert daher weitere 7 Punkte und steht mit +10 nun auf dem tiefsten Stand seit Herbst 2023. Wir sind mit den beiden apano Fonds jedoch bereits seit Tagen maximal defensiv positioniert. So hat der apano Global Systematik derzeit eine Nettoaktienquote von lediglich 60%. Eine noch vorsichtigere Haltung nehmen wir ein, falls die geopolitische Lage weiter eskaliert – die Attacke von heute Nacht interpretieren wir nicht als eine solche. Unter strikt systematischer Betrachtung benötigen wir einen einstelligen APX, um noch zurückhaltender zu agieren. Hierzu müssten z.B. die US-Renditen noch ein Stück anziehen.