Gestern legten die Aktienindizes eine Verschnaufpause ein nach der beeindruckenden Aufholjagd der letzten Tage. Es fehlten treibende neue Impulse von Unternehmensseite – abgesehen von Sonderstories wie bei Eli Lilly (NYSE:LLY) - zudem gibt es bislang immer noch keinen Durchbruch bei den Nahost-Verhandlungen. Als Enttäuschung wurde zudem gewertet, dass Chinas Notenbank die Zinsen unangetastet ließ. Das ließ die Skepsis über Chinas Wachstumsperspektiven wieder hochkochen, was zusammen mit den weiter bestehenden Hoffnungen auf ein Waffenstillstandsabkommen die Ölpreise unter Druck setzte – Energieaktien (NYSE:XLE) gehörten gestern zu den größeren Verlierern. Irritiert zeigten sich die Anleger auch über die Pläne von Kamal Harris, im Falle ihrer Präsidentschaft zur Finanzierung ihrer Wahlversprechen die Unternehmenssteuern von 21% auf 28% erhöhen zu wollen. Zudem schwächelten nach einem herausragenden Montag gestern die Halbleiterwerte rund um Nvidia (NASDAQ:NVDA). Hier wird am 28. August Jensen Huang die Q2-Zahlen und den Ausblick präsentieren, was enorme Auswirkungen auf die unmittelbare Entwicklung der Weltbörsen (ETR:SPPW) haben wird. Denn auch die jüngste Erholungsrallye wurde von den Techriesen angeführt und befeuert: Nvidia hat seit dem Tief vom 5. August fast 30% zugelegt und ist damit bereits wieder in Reichweite seines Allzeithochs. Zum Vergleich: der Russell 2000 erholte sich in dieser Zeit um 4%, der gleich gewichtete S&P 500 um 3,5%. Das nüchterne Fazit lautet, dass die Vermutung, dass es 2024 zunehmend zu Umschichtungen aus den Techriesen in den Rest des Marktes kommt und dieser zur Aufholjagd ansetzt, bislang auf lediglich wenige Tage im Juli beschränkt war. Abgesehen von einigen Titeln aus anderen Branchen wie die o.g. Eli Lilly.
Für heute Abend erhoffen sich die Investoren neue Impulse aus der Veröffentlichung des Reports zur letzten US-Notenbanksitzung, bevor dann Jerome Powell am Freitag in Jackson Hole an die Mikrofone tritt – es geht aber nur noch um die Frage, ob die Fed auf ihrer Septembersitzung eine Senkung um 0,25% oder um 0,5% beschließen wird. Ein Beobachter hat dies treffend beschrieben: sie muss unter Beweis stellen, dass sie perfekt in der Kurve liegt und nicht den Realitäten hinterher läuft. Sie muss also darlegen, dass sie den schwierigen Spagat zwischen Inflations- und Konjunktursteuerung weiterhin erfolgreich beherrscht. In Euroraum läuft es weniger glatt: die Konjunktur lahmt – trotz gestiegener Reallöhne halten sich die Verbraucher zurück- und die Preisentwicklung verharrt hartnäckig deutlich oberhalb der Zielmarke, was die EZB in eine schwierige Lage bringt. Daher ist der Zinsoptimismus hierzulande erheblich moderater. Der eingeengte ZInsspread wegen des deutlich stärker ausgeprägten Renditerückgangs in den USA katapultierte mittlerweile den Euro gegen USD wieder in die Nähe seines Zweijahreshochs.
Dass Walmart (NYSE:WMT) seine 2015 eingegangene strategische Beteiligung von knapp 10% an JD.com (NASDAQ:JD) auflösen will, beschert dem chinesischen Schwergewicht heftige Kursverluste: die Aktie verlor heute früh in Hongkong 8,5% an Wert. Obwohl diese Nachricht erst gestern Abend (MEZ) veröffentlicht wurde, sieht es ganz danach aus, dass Insider das vorher gewusst haben, denn die Aktie verlor bereits gestern im Tagesverlauf in New York und Europa massiv. Der Hang Seng Tech Index büßte heute früh 1,9% ein. CNBC weist in einem Artikel darauf hin, dass China Exportkontrollen auf einige seltene Metalle erwägt. Nach Gallium und Germanium denkt das Land nun auch über Tungsten nach, ein Metall, das insbesondere von hoher Bedeutung für die Waffen- und Halbleiterproduktion ist. Das ist noch kein aktuelles Thema, könnte aber in einem zukünftigen eskalierenden Handelsstreit als Druckmittel verwendet werden.
Wir sind weiterhin voll investiert, haben aber den VIX-Rutsch auf fast 14 am Montag genutzt, um wie kürzlich hier avisiert nun eine kleine taktische long-Vola Position zu erwerben, die wir bis nach den Nvidia -Zahlen halten wollen.