PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Die Börsen Europas haben am Montag dank der Entspannungssignale im Handelsstreit zu einer Erholungsrally angesetzt. Der Aufschub der für Januar angekündigten US-Strafzölle auf chinesische Warenimporte sorgte für Euphorie. Marktbeobachter bleiben allerdings vorsichtig angesichts der vorerst für 90 Tage geltenden Vereinbarung zwischen den beiden weltgrößten Volkswirtschaften USA und China.
Der EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) gewann am späten Vormittag 2,02 Prozent auf 3237,26 Punkte. Der französische Cac 40 (CAC 40) legte um 1,96 Prozent auf 5101,80 Punkte zu, und der britische FTSE 100 stieg um 2,00 Prozent auf 7119,54 Zähler.
"Der Aufschub ist nichts anderes als eine kurzfristige Deeskalation vor Weihnachten", warnte etwa Marktanalyst Salah Bouhmidi bei DailyFX. Jochen Stanzl von CMC Markets fragt sich ebenfalls skeptisch, ob die Investoren tatsächlich bereit seien, "nur aufgrund der Lippenbekenntnisse aus Buenos Aires den Brexit und Italien vollends zu vergessen".
Zudem fiel im November die Stimmung in der Industrie innerhalb der Eurozone auf den tiefsten Stand seit mehr als zwei Jahren, auch wenn sich je nach Land ein unterschiedliches Bild ergibt. Während es in Spanien zu einem Anstieg kam, sank die Stimmung in Italien erneut. "Dies ist im Hinblick auf die anhaltende Budgetdiskussion ein Grund zur Sorge", wie Analyst Ulrich Wortberg von der Helaba schrieb. Hinweise auf eine Belebung der konjunkturellen Dynamik in der Industrie gebe es zudem per saldo nicht. Auf der Habenseite ergänzte der Experte, die EZB dürfte sich daher in ihrem nur zögerlichen Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik bestätigt sehen.
Im Zuge der Euphorie über die Deeskalation im Handelsstreit starteten vor allem die zuletzt arg gebeutelte europäische Bergbaubranche (Stoxx 600 Basic Resources PR) und Aktien von Stahlherstellern eine Erholungsrally. Ebenso legte die im Zuge der Zollstreitigkeiten unter Druck geratene Autobranche (Stoxx 600 Automobiles & Parts RP) zu, und auch der Sektor der Technologie-Werte (STOXX Europe 600 Technology) setzte seine Erholung fort. Die drei Branchen-Indizes stiegen zwischen 3 und 5 Prozent.
Gefragt waren außerdem wieder Aktien von Luxusgüterherstellern wie Kering (9:PRTP), die im Eurostoxx um 6 Prozent stiegen, oder Richemont (5:CFR) und Swatch (5:UHR), die im SMI (SMI) zwischen 3,9 und 6,3 Prozent zulegten. Hermès (9:HRMS) kletterten im Cac 40 um 3,8 Prozent und Burberry (3:BRBY) gewannen im Londoner FTSE 5,4 Prozent.
Als defensiv geltende Aktien waren im Zuge der Börsenrally nicht oder nur am Rande gefragt. Der Telekomsektor (STOXX Europe 600 Telecom) büßte 0,2 Prozent ein und die Nahrungsmittel- und Getränkebranche (Stoxx 600 Food & Beverage PR) kam an diesem Morgen nicht vom Fleck.
Auffällig unter den Einzelwerten zeigten sich zudem die Anteile von Signify (7:LIGHT), die in Amsterdam um 5,5 Prozent nachgaben. Die US-Bank JPMorgan (NYSE:JPM) stufte die Aktie des Beleuchtungsspezialisten aus Bewertungsgründen von "Neutral" auf "Underweight" ab und sprach von einem unattraktiven Chance-Risiko-Profil.
Dagegen gewannen die Papiere von LafargeHolcim (5:LHN) in Zürich 4,4 Prozent. Die Deutsche Bank (DE:DBKGn) hatte sie in einem Ausblick auf 2019 auf "Buy" hochgestuft und das Kursziel von 48 auf 54 Franken angehoben. Analyst Xavier Marchand verwies in seiner Studie zu europäischen Baustoffe-Herstellern auf die verbesserten Geschäfte in den für den Konzern wichtigen Schwellenländern und auf Selbsthilfe-Aktivitäten.