Der US-Notenbankchef äußerte in der gestrigen Pressekonferenz seine Zuversicht, dass eine Rezession vermeidbar sei und das Softlanding gelingen könnte. Die Wirtschaft wachse weiterhin moderat. Auch die Marktteilnehmer erwarten mittlerweile, dass das US-BIP im zweiten Quartal um immerhin 1,8% gestiegen ist. Das wäre fast das Niveau von Q1. Unterstützt wird die Zuversicht auch von den unaufhaltsam einfließenden Quartalsberichten der Unternehmen, die zum allergrößten Teil bislang die Prognosen der Analysten übertroffen haben und auch mit Blick auf Q3 zumeist hoffnungsfroh klingen. Bezüglich weiterer Zinserhöhungen ließ sich die FED alle Optionen offen. Dies wird weiterhin Daten basiert entscheiden, die nächste hierzu wichtige Kennzahl kommt bereits morgen. Freilich steht erst im September die nächste Sitzung der US-Notenbank an. Die US-Zinsfutures deuten darauf hin, dass aktuell nur noch ein Drittel der Marktteilnehmer von einer weiteren Zinsanhebung in 2023 ausgeht - die FED hingegen hält unverändert daran fest, dass sie glaubt, dass noch eine kommen muss. Das wird jedoch als Pokern angesehen, um keinen ungewollten vorzeitigen Zinsoptimismus aufkommen zu lassen. Ohnehin erwartet das Gros der Anleger, dass die Leitzinsen Ende 2024 ein volles Prozent niedriger sein werden als derzeit. An wichtigen US-Konjunkturdaten stehen heute neben der BIP-Schätzung für Q2 die Auftragseingänge im Juni an sowie die neuesten Zahlen zum Arbeitsmarkt.
Um 14:15h wird die EZB ihre Leitzinsen ebenfalls um 0,25% erhöhen. Christine Lagarde ist in einer misslicheren Lage als Jerome Powell. Denn zum einen hält sich in Euroland die (Kern-) Inflation hartnäckiger als in den USA, zum andern differiert innerhalb der Eurozone die wirtschaftliche Dynamik und liegt zudem insgesamt unterhalb des US-Wachstums. Das Risiko eines Überdrehens der Zinsschraube ist hierzulande höher, aber zugleich erscheint ein weiterer Zinsschritt im September notwendig. Ein Dilemma, dem sich die EZB heute nicht stellen wird. Sie wird die FED-Aussagen kopieren, dass sie auf weitere Preisdaten warte und deshalb erst im September neu entscheide. Heute Nacht wird dann auch die Bank of Japan zu zinspolitischen Beratungen zusammen kommen. Einige Beobachter erwarten, dass Japan von seiner ultra-lockeren Zinspolitik abrücken könne, was den Yen zuletzt hat ein wenig ansteigen lassen.
Die positiven Unternehmensberichte - unter den Schwergewichten gestern Abend Meta (NASDAQ:META) und heute früh Nestlé (SIX:NESN) - sorgen für einen erfreulichen Handelsstart. Der STXE 600 bügelt die gestrigen Verluste aus und steht momentan auf neuem Jahreshoch. Der einzige Sektor, der in der Verlustzone notiert, ist Energie. Hier belastet das enttäuschende Quartalsergebnis von Shell (ETR:R6C0).
Dass VW (ETR:VOWG) eine strategische Zusammenarbeit mit Xpeng (NYSE:XPEV), einem chinesischen Hersteller von Elektrofahrzeugen, angekündigt hat und zudem im Rahmen einer Kapitalerhöhung 4,99% der ADRs übernimmt, beflügelte heute Chinas Autoaktien im Hang Seng Tech Index, der um knapp 3% anstieg. Etwas schwächer hingegen tendierten Chinas Indizes. Hier belastete, dass die Gewinne der Industrieunternehmen auf jährlicher Basis betrachtet den sechsten Monat in Folge gefallen sind. Im Vergleich zum Vorjahr liegen die Profite im Zeitraum Jan-Jun um 16,8% tiefer als im gleichen Vorjahreszeitraum. Ende Mai war der Stand jedoch mit -18,8% noch schlimmer. Im direkten Monatsvergleich lagen die Gewinne im Juni 2023 um 8,3% niedriger als im Juni 2022. Interessant hierzu ist eine Reuters-Studie, die besagt, dass die globalen Investoren im zweiten Quartal netto 674 Mio USD aus Aktienfonds mit dem Fokus China abgezogen und stattdessen anderen aufstrebenden Ländern wie Indien, Vietnam, Mexiko und Brasilien ca. 1 Mrd USD zugeführt hätten.
Im APX verlieren span. Staatsanleihen und Shanghai Composite je einen Punkt. Kupfer gewinnt vier, der Nikkei zwei Punkte.