Europas Börsen legten gestern kraftvoll zu, der STXE 600 NR schloss auf neuem Allzeithoch. Nach den spanischen hatten auch die deutschen Inflationsdaten Hoffnungen verstärkt, dass die EZB die Zinszügel bis zum Jahresende deutlich lockert – und damit der lahmenden Konjunktur der Eurozone die dringend benötigte neue Dynamik verleiht. Die offizielle Bestätigung steht nachher an, wenn die Verbraucherpreisdaten für die Eurozone veröffentlicht werden. Trotz der zum Handelsende schwächelnden US-Börsen (ETR:SXR4) steigt Europas Leitindex heute früh moderat weiter an. Basisrohstoffe, Versorger (NYSE:XLU) und Luxusgüter führen die Sektoren an. Lediglich der Technologieindex zeigt sich in der Eröffnungsphase schwächer. ASML (AS:ASML) und SAP (ETR:SAPG) liegen am Ende des STXE 50, was wohl dem gestrigen Verlauf der US-Techies geschuldet ist. Dass LVMH (EPA:LVMH), Hermes (EPA:HRMS) und Prosus (AS:PRX) neben den Rohstoffwerten vorne liegen, dürfte an den stimulierenden Meldungen aus China liegen.
In Asien kam es heute zu teils deutlichen Kursgewinnen. Der Nikkei 225 legte 0,75% zu, hat seinen 50- und 100-Tage Durchschnitt überwunden und damit unser erstes Kursziel erreicht. Aber noch ausgeprägter war der Kursanstieg heute früh in China. Der CSI 300 kletterte um fast 1,5%, was drei Gründe hatte: eine Serie von überraschend guten Unternehmensdaten, die Stärke des Yuan (wichtig für Auslandsinvestoren) und vor allem die lauten Überlegungen der chinesischen Regierung, den privaten Immobilienbesitzern zu erlauben, bis zu umgerechnet 5,4 Billionen USD Gegenwert an bestehenden Baukrediten in Darlehen zu niedrigeren Zinsen umzutauschen. Die Idee dahinter: damit gewinnen Familien Kaufkraft und befeuern so den Konsum. Im Windschatten segelte auch der Hang Seng Index mit, dieser legte sogar 1,85% zu. Gegen den Trend schwach notierten verständlicherweise die Bankwerte wie China Merchants Bank und Industrial & Commercial Bank, weil diese (das ist meine Vermutung) wohl zumindest einen Teil der Rechnung bezahlen und auf massive Zinseinnahmen verzichten müssen.
Den US-Indizes ging hingegen gestern zur Börsenhalbzeit die Luft aus, unter Führung des Nasdaq 100 geriet auch der S&P 500 unter leichten Abgabedruck. Der wichtigste Grund hierfür war der Kursverlauf des Superschwergewichts Nvidia (NASDAQ:NVDA) (7% Gewicht im S&P, 12% im Nasdaq 100). Nach einem kräftigen Zwischenspurt kurz nach Handelseröffnung gab die Aktie dann doch stärker nach und verlor zum Ende die 6,5%, die auch schon vor Börsenbeginn an der Tafel gestanden hatten. Aber auch die Dow Jones - Komponente Salesforce (NYSE:CRM) gab ihren satten Eröffnungsgewinn komplett ab und schloss etwas leichter. In der Breite zeigten sich die US-Aktien jedoch robust und konnten ihre Zugewinne aus dem Eröffnungsgeschäft in etwa halten. Die gestern gemeldeten Konjunkturdaten waren überwiegend erfreulich ausgefallen: die US-Wirtschaft ist in Q2 ein wenig stärker gewachsen als prognostiziert und auch die Q2-Verbraucherausgaben wurden von +2,3% auf +2,9% kräftig nach oben revidiert. Freilich hat sich der Anstieg der US-Unternehmensgewinne auf +1,9% verlangsamt. In Q1 waren die Profite um 2,3% geklettert.
Von extrem hoher Relevanz wird heute Nachmittag der von der Fed bevorzugte Preisindikator PCE, zudem werden Updates zum Verbrauchervertrauen und den Einnahmen/Ausgaben der privaten Haushalte veröffentlicht. Schocks sind dabei keine zu erwarten, so dass es danach ausschaut, dass die Börsen gut gelaunt aus dem so schwierig gestarteten Monat gehen werden.
APX: +2 wegen der mittlerweile beruhigten Dynamik bei den US-Renditen nach dem Panikmodus zum Monatsanfang. Nikkei +4.