Investing.com - Ein düsterer Wochenbeginn an den internationalen Börsen hat Anleger weltweit aufgeschreckt. Die US-Aktienfutures fielen am Montag signifikant, als sich der globale Börsenabverkauf beschleunigte. Im Zentrum der Besorgnis steht die Angst, dass die Federal Reserve (Fed) zu spät handeln könnte, um die schwächelnde Wirtschaft zu stützen.
Am Montagmorgen gaben die Futures auf den Nasdaq 100 um deutliche 3,3 % nach, nachdem der Index am Freitag in eine technische Korrektur eingetreten war. Technische Korrektur bezeichnet dabei einen Rückgang von mindestens 10 % vom jüngsten Höchststand. Auch die Kontrakte des S&P 500 fielen um mehr als 2,1 %. Europas Leitindex, der STOXX 600, verzeichnete ein Minus von über 2,2 % und steuert damit auf seinen größten dreitägigen Rückgang seit Juni 2022 zu.
In Asien ergab sich ein noch düstereres Bild: Japans Topix und Nikkei verloren jeweils über 12 %. Der taiwanesische Leitindex erlebte seinen schlechtesten Tag seit seiner Einführung im 1967, während eine breitere Benchmark asiatischer Aktien den stärksten Rückgang seit über vier Jahren verbuchte. Parallel dazu legte der Yen gegenüber dem Dollar um mehr als 2,7 % zu.
Die jüngsten Marktturbulenzen wurden durch am Freitag veröffentlichte Daten verstärkt, die eine Abschwächung des US-Arbeitsmarktes zeigten. Diese Daten aktivierten die sogenannte Sahm Rule, einen vielbeachteten Rezessionsindikator. Die Sahm Rule tritt in Kraft, wenn die Arbeitslosenquote innerhalb von drei Monaten um mindestens 0,5 Prozentpunkte steigt, was auf eine bevorstehende Rezession hindeuten kann.
Ein weiterer Faktor für die Marktunsicherheit sind die hohen Bewertungen, die aus der jüngsten Rallye im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) resultieren. Zudem verschärfen zunehmende Spannungen im Nahen Osten die risikoarme Stimmung unter den Anlegern.
Die zehnjährige Treasury-Rendite sank um fünf Basispunkte auf 3,77 % und erreichte damit den niedrigsten Stand seit mehr als einem Jahr. Gleichzeitig fiel die zweijährige Rendite auf 3,81 %, da Händler darauf wetten, dass die Fed die Zinsen im September stärker als erwartet senken muss. Ein Basispunkt entspricht dabei einem Hundertstel Prozentpunkt.
JPMorgan-Ökonomen schätzen die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den USA nun auf 50 %. „Jetzt, da die Fed deutlich hinter der Kurve zu liegen scheint, erwarten wir eine Zinssenkung um 50 Basispunkte auf der September-Sitzung, gefolgt von einer weiteren Senkung um 50 Basispunkte im November“, so die Einschätzung der Experten. Es wird sogar über eine Lockerung der Geldpolitik zwischen den Sitzungen spekuliert, sollten die Wirtschaftsdaten weiter nachgeben.
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Morgan Stanley (NYSE:MS): Skepsis über langfristiges Gewinnwachstum
Morgan Stanley äußert sich skeptisch über die Fähigkeit der Unternehmen, die derzeit eingepreisten Erwartungen eines beschleunigten Gewinnwachstums über mehrere Jahre zu erfüllen. „Die eigentliche Frage für Aktienanleger ist, ob die Unternehmen das liefern können, was jetzt eingepreist ist, d.h. ein beschleunigtes Gewinnwachstum mit mehreren Jahren Expansion vor sich,“ so die Experten. Sie verweisen darauf, dass die Breite der Gewinnrevisionen in eine Phase der saisonalen Schwäche eintrete und die Unternehmensprognosen eine begrenzte Beschleunigung im zweiten Halbjahr suggerierten. Dies spräche für niedrigere Aktienbewertungen und ein Zielmultiple von 19x im Vergleich zum aktuellen 20,5x.
Evercore ISI: Rezessionssignale und schlechte Nachrichten für den Markt
Evercore ISI weist darauf hin, dass die jüngsten wirtschaftlichen Indikatoren – schwache Beschäftigungsdaten, NASDAQ-Korrektur, sinkende Anleiherenditen und Rohstoffpreise – Anzeichen einer aufkommenden Rezession sein könnten. „Auf jeden Fall waren schlechte Nachrichten in der vergangenen Woche schlechte Nachrichten für den Aktienmarkt,“ kommentieren die Analysten. Trotz der Warnsignale durch den Leading Economic Index (LEI) und die Sahm Rule gibt es jedoch auch Faktoren, die die Wirtschaft stützen könnten, wie Staatsausgaben, steigende Reallöhne und wachsende Unternehmensgewinne.
UBS (SIX:UBSG): Überzogene Positionierung und fundamentale Risikoprämien
UBS sieht die aktuellen Bewegungen am Markt durch eine überzogene Positionierung verstärkt. Während die erhöhten Risikoprämien aus makroökonomischer und Gewinnperspektive gerechtfertigt seien, fragt sich die Bank, ob der Markt zu weit und zu schnell gegangen ist. Die aggressive Marktreaktion auf die jüngsten Arbeitsmarktdaten und die daraus resultierende Zinssenkungserwartung sieht UBS als möglicherweise übertrieben an. Die US-Aktienstrategen der Bank verweisen darauf, dass ein Volatilitätsindex (VIX) über 25 historisch gesehen Kaufgelegenheiten für Aktien darstellte. Allerdings sei das Risiko asymmetrisch nach unten verschoben.
BTIG: Wandel in der Marktstimmung
BTIG erkennt einen Wendepunkt in der Marktstimmung: „Der Drehpunkt, an dem die Märkte von 'schlechte Nachrichten sind gut' zu 'schlecht ist schlecht' übergehen, scheint erreicht zu sein.“ Die Fachmänner erwarten, dass niedrigere Zinsen wahrscheinlich mit niedrigeren Aktienkursen einhergehen werden. Während der jüngste Rückgang den S&P 500 (SPX) einem möglichen Tiefpunkt näher bringt, besteht weiterhin ein Risiko in Richtung 5200. Trotz einer Rotation in defensive Werte sind die Marktbedingungen noch nicht so schwach, wie bei tragbaren Tiefständen üblich.
Nomura (TYO:9716): Kaufgelegenheit oder langanhaltende Störung?
Nomura sieht im aktuellen Rückschlag bei den Aktien eine potenzielle Kaufgelegenheit, vorausgesetzt der „Fed-Put“ – das Vertrauen in die Unterstützung durch die Federal Reserve – ist intakt. Die Bank rechnet mit drei Zinssenkungen um jeweils 25 Basispunkte und betrachtet diese als präventive Lockerung. Sollte jedoch der Höhepunkt der KI-Rallye bereits überschritten sein und/oder die US-Wirtschaft in eine Rezession abgleiten, könnte dies zu einer länger anhaltenden Störung der Aktienmärkte führen.
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