Sehr verehrte Leserinnen und Leser,
gestern war in den USA Labor Day, also Tag der Arbeit. Wie der 1. Mai in Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern ist dieser Tag auch in den USA ein Feiertag. Auch die Börse hat geschlossen, nur der Future-Handel geht munter weiter.
Wieder eine falsche Börsenweisheit?
Um den Labor Day enden auch die Sommerferien. Spätestens dann ist auch in den Büros und Betrieben die Sommerpause beendet. Das gilt auch für die Börsen. Und oft hört man, dass mit dem Ende der Sommerpause auch die Handelsaktivität an den Börsen wieder zunimmt. Darauf weist auch der bekannte Spruch hin „Sell in May and go away, but remember to come back in September.“
Statistisch lässt sich diese Börsenweisheit allerdings nicht so recht bestätigen. Zwar ist im Dow Jones das Volumen im August und Juli im Durchschnitt am geringsten, aber für den S&P 500 und den Nasdaq 100 gilt das nicht. Und auch der Rat, im September an die Börse zurückzukehren, ist wenig hilfreich: Der September ist der statistisch schlechteste Börsenmonat:
Quelle: Stockstreet Saisonale Charts
Die Grafik zeigt, dass der September in 19 Jahren (und damit in der Mehrzahl der Jahre seit 1988) negativ verlaufen ist. Das ist nicht nur die höchste Anzahl negativer Verläufe aller Monate, sondern der DAX erzielt im September auch seinen schlechtesten Durchschnittswert aller Monate (-2,04 %).
Der September – eine Enttäuschung in vielen Indizes
Ähnliche Ergebnisse erhält man nicht nur für alle anderen deutschen Indizes (also MDAX, SDAX, TecDAX), sondern auch für viele internationale Indizes: In allen US-Indizes und in vielen europäischen Indizes (z.B. im paneuropäischen STOXX Europe 600, im britischen FTSE 100, im österreichischen ATX und im französischen CAC 40) ist der September ebenfalls der schlechteste Börsenmonat, ebenso im japanischen Nikkei 225 und im australischen Leitindex. Aber auch in fast allen anderen Indizes gehört der September zu schwächsten Börsenmonaten.
Immerhin: Keine Extreme im September
Es ist also erstaunlich, dass sich der „Come back in September“-Mythos immer noch hält. Fairerweise muss allerdings gesagt werden, dass der September zwar insgesamt schwach ist, aber normalerweise nicht allzu böse überrascht. Das zeigt die folgende Darstellung:
Quelle: eigene Darstellung mit Daten von VWD
Diese „Kerzen“ (= Boxplots) zeigen die Verteilung der Monatsergebnisse. Dabei kann man die „Körper“ der „Kerzen“ (= Boxen) als normalen Streubereich der verschiedenen Monatswerte ansehen, ihre „Schatten“ (= Antennen) als erweiterten Streubereich. Die Punkte sind Ausreißer, die noch weiter weg vom Durchschnitt liegen.
Der September (gelbe Markierung) hatte bisher nur einen extremen Ausreißer. Das war 1931, als der Bärenmarkt nach dem Crash von 1929 nochmals Fahrt aufnahm. Apropos Crash: Gewöhnlich gilt ja der Oktober als Crash-Monat. Er ist jedoch statistisch eher unauffällig. Dafür ereigneten sich in diesem Monat zwei markante Crashs: der von 1929 und der von 1987.
(K)ein Monat zum Einstieg?
Doch zurück zum September: Wirklich beruhigen können die fehlenden Extrem-Ausreißer nicht. Schließlich können die Ergebnisse zwischen knapp -13 und knapp +12 Prozent schwanken. Und dieser Abstand (zwischen den Spitzen der „Antennen“) ist zudem der höchste aller Monate. Der September ist also statistisch der volatilste Monat. (Ähnlich stark schwanken die Kurse nur im Oktober und November.)
Wie man es auch dreht und wendet – eigentlich gibt es keinen Grund, im September an die Börse zurückzukehren. Auch in diesem Jahr begann der September gar nicht vielversprechend.
Warum Sie den September dennoch nicht abschreiben sollten
Dennoch sollten Sie den September nicht einfach abschreiben. Schließlich bietet gerade diese Schwäche so manche gute Gelegenheit. Und zwar dann, wenn die Kurse nach entsprechenden Rückschlägen wieder die Gegenrichtung einschlagen. Immerhin zeigt die Statistik auch, dass es in der Regel zu einer Jahresendrally kommt. Und diese beginnt eben auch schon mal im September.
Also: Selbst ,wenn es auch in diesem September stürmisch an der Börse werden sollte – behalten Sie die Nerven und achten Sie auf mögliche Einstiegsgelegenheiten für eine Jahresendrally. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!
Mit besten Grüßen
Ihr Torsten Ewert