In den letzten 45 Handelsminuten legte unter Führung des Nasdaq 100 der S&P 500 plötzlich um 0,8% zu, so dass es gestern doch noch zu einem kleinen Zuwachs an den US-Aktienmärkten reichte. Zuvor hatten über weite Strecken die anhaltenden Gewinnmitnahmen bei Nvidia (NASDAQ:NVDA) und Kursrückgänge bei Schwergewichten aus den Sektoren Financials und Industrials belastet. Dagegen standen Anschaffungen in defensiven Sektoren sowie Nachfrage nach Werten aus der zweiten Reihe, die vom Renditerückgang am Anleihemarkt profitierten.
Heute Nachmittag wird der US-Verbraucherpreisindex (CPI) relevant. Erwartet wird ein Anstieg im 0,3%, auch für die Kernrate. Das entspräche einer Preissteigerung um 3,4% (Core: 3,7%) im Vergleich zum März 2023 und läge 0,2% über den 12-Monats-Vergleichswerten vom Februar. Da die Marktwetten derzeit fast 50:50 stehen, dass die FED im Juni senkt, wird eine stärkere Abweichung dieses Gleichgewicht kippen. Der US-Notenbanker Ralph Bostic hat gestern bekräftigt, dass er bei dem derzeitigem Tempo des Preisanstiegs eine Zinsreduktion in diesem Jahr für verfrüht hält. Ein am Montag von der FED New York veröffentlichter Bericht besagt, dass in den nächsten 12 Monaten ein deutlicher Anstieg der Mieten erwartet wird. Das steht im Kontrast zu Goldman Sachs, die Preisrückgänge bei Flugtickets und Gebrauchtwagen sehen und zudem davon ausgehen, dass die Wohnkosten langsamer steigen.
In Fernost überwogen die Abgaben: Chinas CSI 300 -0,8%, Nikkei -0,5%. Gegen den Trend legte der Hang Seng Index unter Führung der Technologiewerte deutlich zu: der Hang Seng Tech sprang um 2,4%. Größter Treiber waren die Aktien von Alibaba (NYSE:BABA) (+5%). Das Unternehmen hofft, von der steigenden Nachfrage nach Rechenleistung im Bereich KI zu profitieren und kündigt zur Geschäftsausweitung Preissenkungen an. Im Fahrwasser legten mit Baidu (NASDAQ:BIDU) und Tencent (HK:0700) zwei weitere chinesische Tech-Schwergewichte kräftig zu. Auf der Gegenseite crashte der Kurs des chinesischen Zementherstellers Tianru innerhalb von 15 Minuten um 99%, bevor der Handel der Aktie in Hongkong ausgesetzt wurde. Robust performte Sydney unter Führung der Rohstoffwerte.
Europas Börsen waren gestern Nachmittag im Einklang mit der schwachen US-Börseneröffnung eingeknickt. Dem entsprechend wird die späte Erholung der US-Indizes heute früh 1:1 nachvollzogen, so dass der STXE 600 jetzt wieder auf dem Stand ist, wo er sich gestern vor Start der US-Börsen (ETR:SXR4) befand. Gefragt sind erneut insbesondere die Automobilwerte, Rohstoff- und Bankaktien (NASDAQ:KBWB). Heute legen zudem auch die Technologiewerte deutlich zu.
Das nervöse Gezappel der letzten Tage sowie abknickende 20-Tage Durchschnitte warnen, dass nach der Rallye des ersten Quartals die Kursparty vorbei sein könnte. Ein Problem dabei ist, dass die Notenbanken inzwischen von ihrer jahrelang gepflegten Tradition abgekehrt sind, die Investoren an die Hand zu nehmen. Im Gegenteil, statt klarer Guidance häufen sich Aussagen der einzelnen Notenbankvertreter, die sich teilweise krass widersprechen. Das sorgt für Verunsicherung, ist jedoch nachvollziehbar. Denn wie Powell vor geraumer Zeit sagte: seit Beginn der Lieferkettenprobleme und der ausufernden Inflation wurde geldpolitisches Neuland betreten. Die Notenbanken müssen auf Sicht fahren, da die Auswirkungen der Zinspolitik zeitverzögert wirken und daher unklar sind. So hat gerade gestern erst eine Vereinigung von US-Kleinunternehmern das niedrigste Business-Vertrauen in den letzten 11 Jahren wegen der hohen Zinsen und Inflation beklagt. Neben der Zinsunsicherheit sind aber leider ja auch die geopolitischen Risiken so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr, was neben Nervosität zudem via steigender Rohstoffpreise auch neue Inflationsängste auslöst.
APX: ital. Staatsanleihen +2, EM-Bonds +1.