In Fernost verlieren Japans Aktienindizes ein Prozent, auch Hang Seng Tech Index und Shanghai Composite Index zeigen sich mit je ca. -0,6% lustlos. Singapur und Malaysia berichten über einen überraschenden Wiederanstieg der Verbraucherpreise. Das passt zu den pessimistischen Aussagen des FED-Atlanta Präsidenten Raphael Bostic. Er habe weniger Vertrauen, dass die geordnete Rückführung der Inflation gelinge, als noch im Dezember. Bostic plädiert daher dafür, dass die US-Notenbank dieses Jahr die Zinsen nur einmal senken solle. Bislang hielt er zwei Schritte für vertretbar. Ohnehin sind die einzelnen FED-Direktoren in ihren Zins-Projektionen nicht auf einer Linie. Das Punktdiagramm der FED („Dot Plot“) zeigt, dass 10 Vertreter drei oder mehr Zinssenkungen um je 0,25% in 2024 erwarten, neun hingegen zwei oder weniger. Bostic weist auf die hohe Widerstandsfähigkeit der US-Wirtschaft hin und appelliert, dies zu nutzen, um geduldig zu sein. Das klingt erheblich zurückhaltender als das, was Jerome Powell am Mittwochabend in der FED-PK den Anlegern in Aussicht stellte.
Auffallend im US-Handel am Freitag war die Schwäche von Nike (NYSE:NKE). Hier lässt aufhorchen, dass das Unternehmen ein schwaches Chinageschäft erwartet. Diese Befürchtungen setzen ja bereits seit einer Woche den europäischen Herstellern von gehobenen Gebrauchsgütern – insbesondere Kering (EPA:PRTP) (Gucci) - zu. Der Sektor ist auch heute früh wieder Schlusslicht im europäischen Handel, so verliert LVMH (EPA:LVMH) aktuell 1,8%. Besser schlägt sich die zweite Gruppe der Gebrauchsgüter, die Automobilhersteller, die auch heute wieder gegen den etwas schwächeren Gesamtmarkt zulegen. Dass diese konträre Entwicklung bereits seit Tagen anhält, lässt die Schlussfolgerung zu, dass es innerhalb des Sektors „Consumer Discretionary“ zu größeren Umschichtungen kommt. Automobilhersteller sind erheblich niedriger bewertet als die Hersteller von Luxusmode und -Accessoires. Stiller Nutznießer ist der DAX mit seiner hohen Gewichtung an Autoaktien – auf der Gegenseite leidet der französische CAC 40. Im Resultat hat der deutsche den französischen Leitindex in den letzten fünf Handelstagen um 2% outperformt. Ansonsten fallen Rüstungsaktien mit Wertzuwächsen auf. Goldman Sachs (NYSE:GS) hat das 2024er Kursziel für den STXE 600 um 6% auf 540 angehoben, nachdem das bisherige Jahresziel letzte Woche erreicht wurde. Begründet wird dies mit der Annahme, dass die Märkte mittlerweile in die „optimistische Phase“ eingetreten seien, in der die Bewertungen dazu tendieren, zu steigen. In den vergangenen sechs Monaten seien die europäischen Aktien um 12% geklettert, das sei in erster Linie auf höhere Bewertungen zurückzuführen, nicht auf Gewinnanstiege. Dies könne sich noch ein wenig fortsetzen, das Kurs/Gewinn-Verhältnis prognostiziert auf 1 Jahr im Voraus liege bei ca. 15, was nicht überteuert sei, besonders im Vergleich zum S&P 500. Persönlich bewerte ich diesen gerne getätigten Vergleiche stets kritisch, denn der US-Index ist deutlich stärker Tech-lastig, während in Europa Zykliker (NYSE:XLY) dominieren. Seriöser ist es, die einzelnen Branchenbewertungen diesseits und jenseits des Atlantiks miteinander zu vergleichen.
Interessant ist, dass die „Dauerpessimisten“ Morgan Stanley (NYSE:MS) und JPMorgan (NYSE:JPM) aus der derzeitigen Expansion der Kurs/Gewinn-Verhältnisse für die USA genau den entgegen gesetzten Schluss ziehen als Goldman Sachs für Europa. Die Erwartungen seien den US-Geschäftsergebnissen voraus gelaufen und die Gewinnsteigerungserwartungen wären sogar auf dem Rückzug. Für das laufende Jahr würden mittlerweile nur noch +9% erwartet gegen +11% im Januar. Aber auch hier gilt: Indizes verzerren die Realität. Zwar weist der S&P 500 einen Zuwachs von fast 10% seit Ende 2023 auf, aber der gleich gewichtete Index, der die Outperformance der Megacaps (Nvidia (NASDAQ:NVDA), Microsoft (NASDAQ:MSFT) etc.) ein Stück weit ausklammert, legte bislang „nur“ vergleichsweise moderate 6% zu.
Der APX verliert wegen des Shanghai Composite Index einen Punkt.