Gegen Handelsende fiel gestern der S&P 500 unter die psychologisch wichtige Marke von 4200. Der wesentliche Auslöser war ein alter Bekannter: die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihen. Diese war im Tagesverlauf wieder deutlich angezogen und beendete den Tag mit 4,95%. Heute früh setzte sich dieses Bewegung bis auf 4,983% fort, aktuell aber wieder 4,95%. Hinter dem Anstieg stehen nach offiziellen Angaben die als zu gut empfundenen Zahlen vom US-amerikanischen Immobilienmarkt sowie die schleppend verlaufene Auktion fünfjähriger Papieren. Es kann aber vielleicht auch sein, dass chinesischen Investoren verkaufen, um sich Liquidität zu schaffen für die neuen China-Anleihen – s. Blog von gestern. Stark belastet wurde der S&P 500 zudem durch den Kurseinbruch des Superschwergewichts Alphabet (NASDAQ:GOOGL). Die Aktie erlebte mit -9,5% einen rabenschwarzen Tag. Trotzdem muss festgehalten werden, dass bislang die Berichtssaison hervorragend läuft: von den 25%, die reportet haben, übertrafen 81% die Prognosen. Normalerweise üblich sind knapp 70%. Meta (NASDAQ:META) verliert heute früh 5% trotz guter Zahlen – das Unternehmen befürchtet aber wegen des Nahostkonflikts weniger Werbeeinnahmen in Q4. Ansonsten waren IBM (NYSE:IBM) nach ihrem Quartalsbericht gesucht, während u.a. Boeing (NYSE:BA) deutlich nachgab. Wichtig ist, dass das US-Repräsentantenhaus nun einen neuen Sprecher hat, der von allen Republikanern akzeptiert wurde. Damit können nun wichtige Entscheidungen angegangen werden. Freilich gilt Mike Johnson als glühender Verfechter von massiven Staatsausgabenkürzungen.
Heute Nacht drang Israels Militär mit mehreren Panzern vorübergehend nach Nord-Gaza ein. Das wird aber nicht als offizieller Beginn der Bodenoffensive gewertet, sondern eher als „Razzia“. Trotzdem stieg die Nervosität bei den Investoren, erkennbar am Goldpreis. Beim Öl hingegen wird dieser Effekt überlagert durch die gestrige Meldung über gestiegene US-Rohöllagerbestände.
Die negativen Vorgaben aus USA und Nahost belasteten heute früh die Fernostbörsen. Besonders unter Druck stand Südkorea (-2,7%) nach einem enttäuschenden Q3-Bericht des Schwergewichts SK Hynix (-6%) und des Batterieherstellers Samsung (F:SAMEq) SDI (-5%). Auch in Japan gaben die Kurse deutlich nach, der Topix verlor 1,3% Die akute Schwäche des Yen zum USD löst neue Bedenken aus, dass die Notenbank BoJ ihre Zinspolitik straffen muss. Australiens Börsen schlossen auf Jahrestief. Gegen den Trend legten Chinas Börsen ca. 0,5% zu. Der MSCI Asia Pacific Index schloss auf dem tiefsten Stand seit einem Jahr.
Europas Börsen stehen nicht nur wegen der schlechten Vorgaben aus USA und Fernost unter Druck. Es gibt auch hausgemachte Gründe, so verliert Mercedes (ETR:MBGn) aktuell 5,6% wegen Margenschwäche im Premiumsegment und Siemens Energy (ETR:ENR1n) wird mit -24% regelrecht abgeschlachtet wegen der angeblichen Notwendigkeit von staatlichen Bürgschaften in Höhe von 15 Mrd Euro, um weitere Bankkredite zu erhalten sowie einer Umsatzwarnung für 2024. Auch die Reports der STXE 50-Komponenten BNP, Schneider Electric (EPA:SCHN) und Unilever (AS:ULVR) lösen Abgaben aus. Positiv hingegen wird das Zahlenwerk von Danone (EPA:DANO) und der Supermarktkette Carrefour (EPA:CARR) aufgenommen. Von der EZB wird heute nichts Sensationelles erwartet. Die Zinsen werden nicht angetastet werden und da die Spreads zwischen deutschen und italienischen 10y-Staatsanleihen unverändert um die 2% betragen, dürfte auch aus diesem Thema kein Diskussionsbedarf entstehen.
Heute Nachmittag relevant werden neben der EZB-Pressekonferenz mehrere US-Daten: Arbeitsmarkt, BIP in Q3 und Auftragseingänge. Nachbörslich reporten u.a. Amazon (NASDAQ:AMZN) und Intel (NASDAQ:INTC). Über Nacht kommen dann Chinas Industriegewinne und Japans Verbraucherpreise sowie die Ergebnisse der Bank of Japan - Sitzung.
Im APX verliert der S&P 500 sechs Punkte, die anziehende US-Volatilität kostet einen Punkt.