Den Weltaktien gelang gestern eine breit angelegte Gegenbewegung nach den heftigen Verlusten der Vorwoche. Es war auffallend, dass von Small Caps bis hin zu den Titans quer über alle Branchen Gewinne erzielt wurden. Ein wenig dürfte das mit dem Kamala Harris - Effekt zusammenhängen. Was meine ich damit? Insbesondere die Halbleiterbranche verzeichnete hohe Zugewinne. So legten z.B. ASML (AS:ASML) und Nvidia (NASDAQ:NVDA) 4% zu. Heute früh zieht Taiwan Semiconductors in Taipeh mit +4,25% nach. Und hier liegt wohl einer der Hauptgründe der Erholung. Ich habe ja gestern hier im Blog bereits geschrieben, wie essenziell wichtig dieses Unternehmen für die Weltwirtschaft ist. Hierzu noch eine aktuelle Kennzahl: TSMC (NYSE:TSM) stellt weltweit 92% (!) der fortschrittlichsten Halbleiter mit Transistoren und Komponenten kleiner als 10 Nanometer her. Der Rest fällt auf Korea. Die USA wollen diese Abhängigkeit zwar reduzieren und im eigenen Land einen Anteil von 20% erreichen, das wird nach Ansicht von Beobachtern aber nicht vor 2030 der Fall sein. Mit anderen Worten: überfällt China Taiwan, steht die Weltwirtschaft still. Das Commitment der Demokraten zum Indo-Pazifik Raum wirkt derzeit stabiler als Donald Trumps Haltung – auch wenn seine Argumentation durchaus gerechtfertigt ist. Es dürfte also gestern/heute früh eine Hoffnungsrallye stattgefunden haben, die wegen der exorbitanten Wichtigkeit dieses Unternehmens globale Auswirkung hatte.
Heute früh erlahmen die Auftriebskräfte an den Börsen jedoch bereits wieder. Der ESX 50 kann zwar 0,5% zulegen, aber eigentlich nur, weil das Schwergewicht SAP (ETR:SAPG) um 6,4% anzieht. Die Softwareschmiede hat in ihrem Report alle Erwartungen erfüllt/übertroffen und den Ausblick für 2025 angehoben. Insbesondere Marge und Wachstum im Cloud-Geschäft gefallen. Weniger als die Hälfte der 50 Titel im Index notieren höher. Das gleiche Bild zeigt sich beim großen Bruder, dem europäischen STXE 50. Auf Sektorenebene legen neben Technologie nur Healtcare und Finanzwerte zu, tief im Minus die zyklischen Branchen Basisrohstoffe und Chemie. Freilich hat sich das Gesamtbild gegenüber Handelsbeginn inzwischen aufgehellt. Auch die US-Futures präsentieren sich ernüchtert: vom gestrigen Hoch gegen 20:30h gibt z.B. der Nasdaq aktuell wieder 0,75% ab. Der Russell 2000 hingegen, der gestern erst spät und zögerlich startete, legte dann im weiteren Verlauf deutlich zu und hält dieses Niveau zur Stunde weiterhin.
Heftige Verluste wies heute früh China auf: der Shanghai Composite Index verlor 1,6%, der Technologie lastige ChinaNext Price Index brach gar um 3% ein. Der Hang Seng Tech Index büßte 1,75% ein. Die anderen wichtigen Börsenplätze der Asien/Pazifik-Region zeigten sich hingegen stabil. Der neuerliche Kurseinbruch an Chinas Börsen und die anhaltende Schwäche der globalen Rohstoffunternehmen, deren größter Kunde China ist, belegt, dass die Ergebnisse des wichtigen Treffens der Kommunistischen Partei in der letzten Woche – das „Dritte Plenum“ - die Investoren nicht zu überzeugen vermochte. In Japan legt der Yen weiter zu, weil viel Beobachter mit einer Zinsanhebung in der nächsten Woche rechnen. Diese ist aber nicht sicher, denn die hartnäckige Schwäche der Konsumnachfrage – trotz der kräftigen Lohnsteigerungen – stellt für die Bank of Japan eine hohe Hürde dar. Nippons Regierung hat zudem kürzlich die Wachstumserwartungen für das bis März laufende Fiskaljahr 2025 auf +0,9% gesenkt, die Notenbank wird dieser neuen Prognose tendenziell vermutlich folgen. Wir haben unsere temporär recht hohe Allokation in Japan längst wieder deutlich gekappt.
Heute nach Börsenschluss berichten Tesla (NASDAQ:TSLA) und Alphabet (NASDAQ:GOOGL). Insgesamt legen diese Woche Unternehmen mit umgerechnet 29% der Martkapitlisierung des S&P 500 ihre Quartalszahlen vor. In Europa steht heute u.a. der Report des wichtigen Schwergewichts LVMH (EPA:LVMH) an. Reelvant werden auch die neuen Werte zum Verbrauchervertrauen in der Eurozone.
APX: VIX +1, S&P 500 +3, DAX +4 und STXE 600 +2