Eine schwache Börsenwoche endete am Freitag mit auf breiter Front nachgebenden Kursen. Lediglich defensive, nichtzyklische Sektoren konnten sich einigermaßen behaupten. Den globalen Investoren bereitet der Mix aus Zinsen und Konjunktur Sorge: FED und EZB werden mindestens noch einmal im Juli an der Zinsschraube drehen. Bleibt eine Entspannung bei der Dynamik der Kerninflation aus, werden sie im September wohl noch eine zweite Erhöhung vornehmen. Gleichzeitig signalisieren rund um den Globus sich abschwächende Einkaufsmanagerindizes (PMIs), dass sich die konjunkturellen Perspektiven aus Sicht der Unternehmen verschlechtern. Das gilt sowohl für den Dienstleistungsbereich als auch ganz besonders für das verarbeitende Gewerbe, das sich mittlerweile in Europa, USA und weiten Teilen Asiens auf Kontraktionskurs befindet.
Manch ein Anleger wird sich vor diesem Hintergrund fragen, ob es sich bei 4,75% Rendite auf zweijährige US-Staatsanleihen lohnt, das Risiko eines Aktienengagements einzugehen bzw. aufrecht zu erhalten. Letzte Woche erlahmte die Stärke einiger Megacaps des Technologiesektors: Nvidia (NASDAQ:NVDA), Alphabet (NASDAQ:GOOGL) und Microsoft (NASDAQ:MSFT) gaben leicht nach. Ohne die Nasdaq-Schwergewichte ist aber der S&P 500 kraftlos, weil kein gewichtiger anderer Sektor derzeit in der Lage ist, die Markführerschaft zu übernehmen. Bislang fand jedoch in den letzten Wochen eine ausgeprägte Sektorrotation statt, so dass sich die Indizes durchgängig halbwegs stabil präsentierten, weshalb die Vola so auffallend niedrig ist. Die vereinzelt schwachen Tech-Tage wurden aufgefangen durch feste Kurse bei den Zyklikern bzw. zuletzt durch Nachfrage nach defensiven Branchen. Das bedeutet, dass netto das Geld im Markt blieb. Es darf aber nicht unterschätzt werden, dass sich bei den für die Indizes wichtigen Unternehmen der Finanzindustrie Probleme auftun, was mit der tief inversen Zinsstruktur zusammen hängt. Hält deren Kursdruck auf die Indizes an, steigt die Nervosität am Gesamtmarkt – insbesondere jetzt vor der Sommerpause kann das Investoren veranlassen, Geld aus den Aktienmärkten abzuziehen. Ohne den Balsam der Tech-Megacaps kommt gnadenlos zum Vorschein, wie wenig Überzeugung hinter der Grundverfassung des breiten Marktes steht: der gleich gewichtete S&P 500 liegt auf USD-Basis aktuell bei +3,3%, der Dow Jones bei +1,8% für das laufende Jahr. Ohne Techs wäre die Performance beider Indizes negativ.
Asien/Pazifik präsentierte sich heute früh nachgebend: China, wo in der zweiten Wochenhälfte wegen des Drachenfestes die Börsen geschlossen waren, holte die seitdem an den Weltbörsen (ETR:SPPW) angefallenen Verluste nach und gab 1,5 Prozent nach. Freilich war das zum Großteil bereits z.B. in den ETF-Kursen eingepreist, so dass sich diese heute im Xetra-Handel kaum verändern. Es tut sich also kein neues Baisse-Argument damit auf, freilich kostet der Rutsch des Shanghai Composite Index unter die 200-Tage Linie den APX zwei Punkte. Der Hang Seng verlor 0,5%, der Tech-Subindex hingegen schloss behauptet. Japan und Australien gaben um je 0,3% nach.
Europa stabilisierte sich nach schwächerer Eröffnung, reagierte auf den noch schwächer als erwartet ausgefallenen ifo-Geschäftsklimaindex aber mit neuen Abgaben. Die Stimmung in der für die Eurozone wichtigen deutschen Wirtschaft fiel auf 88,5 (Mai 91,5 / e 90,5), insbesondere die Geschäftserwartungen gaben deutlich auf 83,6 nach. Die Stimmungsverschlechterung betraf alle Bereiche (verarbeitendes Gewerbe, Dienstleistung, Handel und Bau). Wir haben am Freitag die Short-Positionen auf den ESX 50 mit Gewinn geschlossen und zeitglich in gleicher Höhe zyklische Sektoren veräußert. Die Position im vergleichsweise defensiven STXE 50 ETF haben wir leicht aufgestockt. Der S&P 500 touchiert vorbörslich unser erstes Stopp Loss Limit, es ist also denkbar, dass wir nach unserem Teilrückzug aus Europa nun auch in den USA mit dem netto-Abbau beginnen. In Japan haben wir taktisch leicht reduziert, der steile Aufwärtstrend ist gefährdet.